Was ist Anbetung?

Was ist Anbetung? – von Dr. Martin Zahn

Bei Anbetung im biblischen Sinne geht es um mehr als die innige Verehrung Gottes. Im folgenden vergleichen wir zunächst das allgemein gebräuchliche Verständnis mit dem biblischen Begriff. Dann beantworten wir die Frage, warum Gott angebetet werden sollte und welche Verheißungen damit verbunden sind. Es folgen einige biblische Beispiele für die Anbetung Gottes. Zur Anbetung in der Zukunft zitieren wir biblische Prophetien, die noch nicht erfüllt sind. Wir schließen mit weiteren Hinweisen und einer kurzen Zusammenfassung.

Was versteht man heutzutage unter Anbetung?

Gemäß dem Duden ist Anbetung eine betende oder bewundernde Verehrung und Vergötterung. Als Synonyme zu Anbetung werden Bewunderung, Kult, Verehrung und Vergötterung genannt.

Man betet dann an, wenn man (ein höheres Wesen) betend verehrt oder man jemanden überschwänglich verehrt und vergöttert. Synonyme sind anschmachten, anschwärmen, aufblicken und aufschauen.

 

Der Begriff der Anbetung in der Bibel

Wenn man im Alten Testament von Anbetung liest, dann steht im Hebräischen grundsätzlich das Verb „schachah“. Dieses Wort bedeutet sich niederwerfen oder sich niederbeugen; es beschreibt eine körperliche Handlung.

Betrachten wir beispielhaft den folgenden Vers. Abraham war auf dem Weg, um Gott seinen Sohn Isaak als Brandopfer darzubringen.

Da sprach Abraham zu seinen Knechten: Bleibt ihr hier mit dem Esel, ich aber und der Knabe wollen dorthin gehen und anbeten, und dann wollen wir wieder zu euch kommen. (1. Mo. 22, 5)[1] Die Bibelzitate sind der Übersetzung Schlachter (2000) entnommen, wenn nicht anders angegeben. Die Hervorhebungen habe ich hinzugefügt und Auslassungen durch „…“ gekennzeichnet.

Das hebräische Wort „schachah“ wurde hier wie häufig mit „anbeten“ übersetzt. Ich habe nur zwei Bibelübersetzungen gefunden, die hier die eigentliche Bedeutung von „schachah“ wiedergeben, nämlich die Gute Nachricht Bibel sowie die Einheitsübersetzung 2016, die wie folgt lautet:

Da sagte Abraham zu seinen Jungknechten: Bleibt mit dem Esel hier! Ich aber und der Knabe, wir wollen dorthin gehen und uns niederwerfen; dann wollen wir zu euch zurückkehren. (1. Mo. 22, 5)

Wenn wir im Neuen Testament von Anbetung lesen, dann steht im Griechischen normalerweise das Verb „proskuneó“. Auch dieses bedeutet, sich vor jemandem niederzuwerfen, sich niederzubeugen oder zu knien. Das Wort beschreibt eine rein körperliche Handlung, die Untergebenheit ausdrückt.

Das Verb „proskuneó“ beinhaltet das Wort „kyneo“, das „küssen“ bedeutet. Es wurde auch benutzt, um die übliche Praxis zu beschreiben, sich vor einem Menschen niederzuwerfen und seine Füße, den Saum seines Gewandes oder den Boden zu küssen.

Als Martin Luther gegen Ende des Mittelalters die Bibel übersetzte, war für ihn das Niederknien sicherlich ein selbstverständlicher Bestandteil der Anbetung. Im Laufe der Zeit hat sich aber verändert, was unter Anbetung verstanden wird.

Im folgenden wird der Begriff der Anbetung stets im ursprünglichen Sinne verwendet, also so wie es in der Bibel gemeint ist, also im Sinne von niederknien oder sich niederbeugen.

 

Warum sollten wir Gott anbeten?

Es gibt einige Aufforderungen im Alten Testament, Gott anzubeten, beispielsweise:

  • Gebt dem HERRN die Ehre seines Namens, betet den HERRN an in heiligem Schmuck! (Ps. 29, 2)
  • Kommt, laßt uns anbeten und uns beugen, laßt uns niederfallen vor dem HERRN, unserem Schöpfer! (Ps. 95,6)
  • Betet den HERRN an in heiligem Schmuck; erbebt vor ihm, alle Welt! (Ps. 96, 9)
  • Erhebt den HERRN, unseren Gott, und fallt nieder vor dem Schemel seiner Füße – heilig ist er! (Ps. 99, 5)

Siehe auch 5. Mo. 26, 10; 2. Kön. 17, 36; 2. Kön. 18, 22; 1. Chr. 16, 29; 2. Chr. 32, 12; Ps. 66, 4; Ps. 86, 9; Ps. 97, 7; Ps. 99, 9; Ps. 132, 7; Jes. 36, 7; Jes. 45, 23; Zef. 2, 11.

Jesus sagte:

  • …Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen. (Mt. 4, 10; Lk. 4,8)
  • 23 Aber die Stunde kommt und ist schon da, wo die wahren Anbeter den Vater im Geist und in der Wahrheit anbeten werden; denn der Vater sucht solche Anbeter. 24 Gott ist Geist, und die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten. (Joh. 4, 23+24)

Jesus lehrte, daß Gott Leute sucht, die vor ihm niederfallen oder vor ihm knien und das im Geist und in der Wahrheit tun.

Paulus und Timotheus schrieben über Jesus:

9 Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, 10 damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihr Knie beugen vor dem Namen Jesu (Phil. 2, 9+10 Einheitsübersetzung 2016)

Vor Jesus sollen also alle auf die Knie gehen, und zwar alle im Himmel und auf und sogar unter der Erde. Das schließt uns alle mit ein.

 

Gott hat folgendes verheißen:

Demütigt euch vor dem Herrn, so wird er euch erhöhen. (Jak. 4, 10)

Das griechische Verb „tapeinoó“, das mit „demütigen“ übersetzt wurde, bedeutet, sich klein machen und sich erniedrigen. Somit kann man diesen Vers auch folgendermaßen übersetzten:

Beugt euch tief vor dem Herrn, dann wird er euch hoch erheben! (Jak. 4, 10 Gute Nachricht)

Jesus sagte:

…wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden. (Mt. 23, 12; siehe auch Lk. 14, 11; Lk. 18, 14)

Wenn man vor Gott niederkniet, dann demütigt man sich vor ihm.

Es steht auch geschrieben:

Der Lohn der Demut und der Furcht des HERRN ist Reichtum, Ehre und Leben. (Spr. 22, 4; siehe auch Spr. 15, 33; Spr. 18, 12)

Das hebräische Substantiv „anavah“ (Demut) ist abgeleitet vom Verb „anah“, das auch niederbeugen bedeutet.

 

Beispiele für die Anbetung Gottes

Es gibt einige Berichte darüber, wie Gott angebetet wurde:

  • Die Ältesten der Israeliten neigten sich und beteten an, nachdem Mose nach seiner Rückkehr nach Ägypten die Wunderzeichen getan und sie gehört hatten, daß Gott sich ihrer angenommen und ihr Elend angesehen hat. (2. Mo. 4, 31)
  • Mose warf sich nieder, als er sich stellvertretend für die Sünden der Israeliten vor Gott demütigte. (5. Mo. 9, 18+25)
  • Josua fiel auf sein Angesicht zur Erde und betete vermutlich Jesus an, „den Fürst über das Heer des HERRN“. (Jos. 5, 14)
  • Manoach und seine Frau fielen auf ihr Angesicht zur Erde als sie den Engel des HERRN, also Jesus, sahen. (Richter 13, 20; siehe hierzu mein Aufsatz „Wer ist der Engel des HERRN im Alten Testament?“)
  • David demütigte sich vor Gott auch dadurch, daß er sich auf die Erde legte, nachdem er seine Sünde als Ehebrecher und Mörder erkannte. (2. Sam. 12, 16)
  • Salomo kniete bei der Einweihung des Tempels nieder und breitete seine Hände zum Himmel aus (1. Kön. 8, 54; 2. Chr. 6, 13); ebenso betete auch Esra (Esra 9, 5).
  • Elia beugte sich zur Erde und legte sein Angesicht zwischen seine Knie, bevor es nach mehreren Jahren wieder regnete. (1. Kön. 18, 42)
  • Josaphat beugte sich mit seinem Angesicht zur Erde und ganz Juda und die Einwohner von Jerusalem fielen vor dem HERRN nieder und beteten den HERRN an, nachdem sie gehört hatten, daß sie nicht kämpfen müssen, sondern daß Gott für sie kämpfen wird. (2. Chr. 20, 17+18)
  • Hesekiel fiel mehrfach auf sein Angesicht nieder, als Gott ihm begegnete. (Hes. 3, 23; Hes. 11, 13; Hes. 43, 3; Hes. 44, 4)
  • Daniel fiel dreimal am Tag auf die Knie nieder und betete und dankte Gott. (Dan. 6, 11)
  • Als Esra das Buch des Gesetzes Moses öffnete, stand das ganze Volk auf. Und Esra pries den HERRN und das ganze Volk antwortete mit aufgehobenen Händen: „Amen! Amen!“ Und sie verneigten sich und beteten den HERRN an, das Angesicht zur Erde gewandt. (Neh. 8, 5+6)
  • Die Israeliten bekannten ihre Sünden und warfen sich nieder vor dem HERRN, nachdem aus dem Buch des Gesetzes des HERRN vorgelesen wurde. (Neh. 9, 3)

Weitere alttestamentliche Berichte über die Anbetung Gottes findet man in 1. Mo. 24, 26; 1. Mo. 24, 48; 1. Mo. 24, 52; 2. Mo. 12, 27; 2. Mo. 34, 8; 4. Mo. 22, 31; Ri. 7, 15; 1. Sam. 1, 3; 1. Sam. 1, 19; 1. Sam. 1, 28; 1. Sam. 15, 31; 2. Sam. 12, 20; 1. Chr. 29, 20; 2. Chr. 7, 3; 2. Chr. 29, 28–30; Neh. 9, 6; Hiob 1, 20; Ps. 5, 8; Ps. 22, 28+30; Ps. 72, 11; Ps. 138, 2; Jes. 27, 13; Jer. 7, 2; Jer. 26, 2; Hes. 46, 2+3.

In den Evangelien können wir häufig lesen, daß Jesus angebetet wurde, also daß man vor ihm niederfiel, zum Beispiel:

Da kamen die in dem Schiff waren, warfen sich anbetend vor ihm nieder und sprachen: Wahrhaftig, du bist Gottes Sohn! (Mt. 14, 33)

Siehe auch Mt. 2, 11; Mt. 8, 2; Mt. 9, 18; Mt. 15, 25; Mt. 17, 14; Mt. 20, 20; Mt. 28, 9; Mt. 28, 17; Mk. 1, 40; Mk. 3, 11; Mk. 5, 6; Mk. 5, 22; Mk. 5, 33; Mk. 7, 25; Mk. 10, 17; Lk. 5, 8; Lk. 5, 12; Lk. 8, 28; Lk. 8, 41; Lk. 8, 47; Lk. 17, 16; Lk. 24, 52; Joh. 9, 38; Joh. 11, 32.

Jesus selbst ehrte seinen Vater im Himmel auf diese Weise:

Und er ging ein wenig weiter, warf sich auf sein Angesicht, betete und sprach: Mein Vater! Ist es möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht wie ich will, sondern wie du willst! (Mt. 26, 39; siehe auch Mk. 14, 35; Lk. 22, 41)

In der Apostelgeschichte wird mehrfach berichtet, daß man auch in der Zeit nach Jesu Himmelfahrt vor Gott kniete, zum Beispiel:

Da ließ Petrus alle hinausgehen, kniete nieder und betete; dann wandte er sich zu dem Leichnam und sprach: Tabitha, steh auf! Sie aber öffnete ihre Augen, und als sie den Petrus sah, setzte sie sich auf. (Apg. 9, 40)

Siehe auch Apg. 7, 60; Apg. 20, 36; Apg. 21, 5; 1. Kor. 14, 25; Eph. 3, 14.

 

Die Anbetung in der Zukunft

Die folgende Prophezeiung von Sacharja liegt noch immer in der Zukunft:

16 Und es wird geschehen, daß alle Übriggebliebenen von all den Heidenvölkern, die gegen Jerusalem gezogen sind, Jahr für Jahr heraufkommen werden, um den König, den HERRN der Heerscharen, anzubeten und das Laubhüttenfest zu feiern. 17 Und es wird geschehen: Dasjenige von den Geschlechtern der Erde, das nicht nach Jerusalem hinaufziehen wird, um den König, den HERRN der Heerscharen, anzubeten, über dieses wird kein Regen fallen. (Sach. 14, 16+17)

Jesaja prophezeite:

22 Denn gleichwie der neue Himmel und die neue Erde, die ich mache, vor meinem Angesicht bleiben werden, spricht der HERR, so soll auch euer Same und euer Name bestehen bleiben. 23 Und es wird geschehen, daß an jedem Neumond und an jedem Sabbat alles Fleisch sich einfinden wird, um vor mir anzubeten, spricht der HERR. (Jes. 66, 22+23)

Wenn also Gott in Zukunft den neuen Himmel und die neue Erde geschaffen haben wird, dann wird er regelmäßig angebetet werden, und zwar dadurch, daß man sich niederwerfen oder sich niederknien wird (hebräisch „schachah“).

In dem Buch der Offenbarung steht häufig geschrieben, daß man vor Gott niederfällt, zum Beispiel:

  • 9 Und jedes Mal, wenn die lebendigen Wesen Herrlichkeit und Ehre und Dank darbringen dem, der auf dem Thron sitzt, der lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit, 10 so fallen die 24 Ältesten nieder vor dem, der auf dem Thron sitzt, und beten den an, der lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit… (Off. 4, 9+10)
  • Und als es das Buch nahm, fielen die vier lebendigen Wesen und die 24 Ältesten vor dem Lamm nieder… (Off. 5, 8)

Siehe auch Off. 5, 14; Off. 7, 11; Off. 11, 1; Off. 11, 16; Off. 13, 8; Off. 14, 7; Off. 15, 4; Off. 19, 4; Off. 22, 9.

 

Schlußbemerkungen und Zusammenfassung

Man kann auch Gott loben und zu ihm beten, ohne sich hinzuknien oder eine andere körperliche Haltung einzunehmen. Zum Beten und zum Loben Gottes wurden auch die Hände erhoben (1. Mo. 14, 22; 2. Chr. 6, 13; Neh. 8, 6; Ps. 134, 2; Kla. 2, 19; Kla. 3, 41; 1. Tim. 2, 8), sowie übrigens auch zum Segnen (2. Mo. 17, 11+12; 3. Mo. 9, 22; Lk. 24, 50). In den Evangelien wurde auch erwähnt, daß im Stehen gebetet wurde (Mt. 6, 5; Lk. 18, 11+13).

Wenn in der Bibel von Anbetung zu lesen ist, dann ging man vor Gott auf die Knie oder warf sich vor ihm hin. Daß man sich vor anderen niedergeworfen hat, war auch stark kulturell geprägt. Zum Beispiel hat sich Jakob gegenüber seinem Bruder Esau siebenmal niedergeworfen („schachah“), als er sich mit ihm versöhnen wollte (1. Mo. 33, 3). Ich denke, in Gottes Augen ist es umso wertvoller, wenn wir es trotz unserer Kultur für ihn tun.

Gott wollte stets auf diese Art Ehre erwiesen bekommen. So war es zu Zeiten des Alten und auch zu Zeiten des Neuen Testaments. Ebenso möchte er in unserer heutigen Zeit von uns genauso verehrt werden und auch in der Zukunft wird er es verlangen.

Gott ist es selbstverständlich wichtig, daß diese körperliche Anbetung von ganzem Herzen und im Geist und in der Wahrheit geschieht. Wenn wir vor Gott knien, dann demütigen wir uns und werden von ihm erhöht.

Wie wir gesehen haben, entspricht das biblische Verständnis von Anbetung nicht dem heutigen allgemeinen Sprachgebrauch. Ob wir in unserem täglichen Sprachgebrauch mit Anbetung meinen, Gott innerlich betend zu verehren oder ob wir das Niederknien meinen, ist letztendlich sekundär. Viel wichtiger ist es, Gottes Willen zu tun.

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