Die Gemeinde Jesu – Ämter, Aufgaben und Organisation
Gliederung
1 Einleitung
In der heutigen Christenheit gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen, wie eine Gemeinde strukturiert und organisiert sein sollte. In manchen Gemeinden werden beispielsweise Älteste regelmäßig von allen Gemeindemitgliedern gewählt, in anderen hingegen ohne die Beteiligung der Mitglieder auf Lebenszeit ernannt. Auch besteht Uneinigkeit darüber, was die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Ältesten sind und was andere Gemeindemitglieder machen dürfen, ob es ihnen zum Beispiel erlaubt ist, das Abendmahl austeilen. Es gibt Gemeinden, in denen es Frauen nicht erlaubt ist zu predigen, wohingegen sie in anderen als Pastorinnen eingesetzt werden.
Deswegen beleuchten wir die relevanten Bibelstellen. Wir beginnen mit Betrachtungen zu den Ältesten. Dann beschäftigen wir uns mit den Diakonen und vergleichen sie mit den Ältesten. Anschließend schauen wir uns an, inwiefern sich die Aufgaben aller Gläubigen von denen der Ältesten unterscheiden.
Außer den Ältesten und den Diakonen gibt es weitere Dienste, insbesondere die Apostel und die Propheten. Der umstrittenen Rolle der Frauen widme ich einen eigenen Abschnitt.
Wir betrachten noch einige organisatorische Dinge und beschäftigen uns hierbei besonders mit Gottesdiensten, Mitgliedschaften in Gemeinden, deren Satzungen und Strukturen bevor ich ein Schlußwort an Älteste und alle Gläubigen richte.
Die Bibelzitate sind der Übersetzung Schlachter 2000 entnommen, wenn nicht anders angegeben. Ansonsten: Elberfelder Bibel (ELB), Einheitsübersetzung 2016 (EÜ), Gute Nachricht Bibel 2018 (GNB), Hoffnung für alle (HFA), Lutherbibel 2017 (LUT), Neue evangelistische Übersetzung (NeÜ), Neue Genfer Übersetzung (NGÜ), Neues Leben Bibel (NLB). Alle Hinweise zum Hebräischen und Griechischen sind vom Bible Hub.
2 Älteste
Die Ältesten waren die Führer des Volkes (Mt 26,59; Mk 15,1; Apg 5,21). Zunächst befassen wir uns ausführlich mit den Ältesten in den neutestamentlichen Gemeinden, mit ihren Aufgaben, wie sie sich selbst und wie sich andere ihnen gegenüber verhalten sollten. Hierzu gehören auch die Fragen, wie sie sich anreden lassen sollten, wie sie sein sollten, wie man ein Ältester wird und woran man sie erkennen kann.
2.1 Was sind ihre Aufgaben und wie sollten sie sich verhalten?
Zu den Aufgaben der Ältesten können wir in der Apostelgeschichte folgendes lesen:
16 Paulus hatte nämlich beschlossen, an Ephesus vorbeizusegeln… 17 Von Milet aber sandte er nach Ephesus und ließ die Ältesten der Gemeinde herüberrufen. 18 Und als sie zu ihm gekommen waren, sprach er zu ihnen: … 28 So habt nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welcher der Heilige Geist euch zu Aufsehern gesetzt hat, um die Gemeinde Gottes zu hüten, die er durch sein eigenes Blut erworben hat! (Apg 20,16‑28; Hinweise auf die Aufgaben der Ältesten sind dunkelblau hervorgehoben)
Paulus ließ die Ältesten kommen (Vers 17); hier steht für die Ältesten im Griechischen das Wort „presbýteros“. In Vers 28 bezeichnete er sie als Aufseher (griechisch „epískopos“). Auch in dem Brief von Paulus an Titus werden die Begriffe „Älteste“ und „Aufseher“ synonym verwendet: „Älteste“ in Vers 5 und „Aufseher“ in Vers 7 des ersten Kapitels. Die beiden Wörter haben genau die gleiche Bedeutung. Der Begriff „Ältester“ kommt aus dem Jüdischen und der offizielle Titel „Aufseher“ aus dem griechischen bürgerlichen Leben.
Der Begriff „Aufseher“ ist in der Bibel nur selten zu finden. An einer dieser Stellen wird Jesus als Hirte und Aufseher bezeichnet (1Petr 2,25). Eine Aufgabe der Ältesten ist es, die Gemeinde zu hüten (griechisch „poimaínō“); das bedeutet, auf sie achtzuhaben, sich um sie zu kümmern, sie zu versorgen, zu beschützen und zu leiten.
Das griechische Wort „ekklēsía“, das häufig mit „Gemeinde“ oder „Kirche“ übersetzt wird, ist aus zwei Wörtern zusammengesetzt: „ek“ bedeutet „heraus“ und „kaléō“ bedeutet „rufen“. Es meint also die Menschen, die aus der Welt zu Gott herausgerufen wurden. Es bezeichnet den Leib Christi aller Gläubigen.
Die Ältesten sind in die Gemeinde gesetzt und nicht über sie (Apg 20,28). Die griechische Präposition „en“, die hier mit „in“ übersetzt wurde, bedeutet auch „innerhalb“ und beschreibt einen Zustand, in dem etwas von innen wirkt. Dasselbe Wort wurde in den beiden folgenden Versen mit „unter“ oder „bei“ übersetzt:
1 Die Ältesten, die unter euch sind, ermahne ich…: 2 Hütet die Herde Gottes bei euch, indem ihr nicht gezwungen, sondern freiwillig Aufsicht übt, nicht nach schändlichem Gewinn strebend, sondern mit Hingabe, 3 nicht als solche, die über das ihnen Zugewiesene herrschen, sondern indem ihr Vorbilder der Herde seid! (1Petr 5,1‑3; hellblau sind Hinweise wie sich Älteste verhalten oder wie sie sein sollten)
Was es bedeutet, die Herde zu hüten, haben wir bereits oben erläutert. In diesem Bibelabschnitt wird zudem erwähnt, daß die Ältesten Aufsicht üben, griechisch „episkopéō“. Dieses griechische Wort ist das Verb zu dem Nomen „Aufseher“ (griechisch „epískopos“), das die gleiche Bedeutung hat wie „Ältester“, was wir bereits oben erläutert haben. Es bezeichnet also allgemein die Tätigkeit der Ältesten.
Die Ältesten sollen nicht herrschen (griechisch „katakyrieúō“). Dasselbe Verb findet sich in dem folgenden Vers:
25 Jesus aber rief sie heran und sprach: Ihr wißt, daß die Regenten der Nationen sie beherrschen und die Großen Gewalt gegen sie üben. 26 Unter euch wird es nicht so sein; sondern wenn jemand unter euch groß werden will, wird er euer Diener sein, 27 und wenn jemand unter euch der Erste sein will, wird er euer Sklave sein; 28 so wie der Sohn des Menschen nicht gekommen ist, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele. (Mt 20,25‑28 ELB; siehe auch Mk 10,42‑45; Mk 9,35; Lk 22,25‑26)
Was herrschen ist, hat der Hauptmann von Kapernaum erklärt:
Denn auch ich bin ein Mensch, der unter Vorgesetzten steht, und habe Kriegsknechte unter mir; und wenn ich zu diesem sage: Geh hin!, so geht er; und zu einem anderen: Komm her!, so kommt er; und zu meinem Knecht: Tu das!, so tut er’s. (Mt 8,9; siehe auch Lk 7,8)
Herrschen bedeutet, Anweisungen geben oder Kontrolle ausüben. Man herrscht bereits über andere, wenn man ihren Entscheidungsspielraum einschränkt. Man soll aber den anderen dienen. Im Wesen eines Dieners liegt es, daß er nicht über andere bestimmt und ihnen nicht vorschreibt, was sie zu tun haben. Ein Diener läßt den anderen auch die Freiheit, seinen Dienst nicht in Anspruch zu nehmen.
Anstatt zu herrschen, sollen die Ältesten ein gutes Beispiel sein. Im Griechischen steht nach dem Hinweis, nicht zu herrschen, die Konjunktion „allá“ (1Petr 5,3); das ist typischerweise eine stark adversative Konjunktion, die auch mit „aber stattdessen“ oder „im Gegenteil“ übersetzt werden kann. Die Ältesten sollen also hüten, indem sie Vorbilder sind, anstatt zu herrschen.
Paulus schrieb:
17 Die Ältesten, die der Gemeinde gut vorstehen, die halte man zweifacher Ehre wert, besonders, die sich mühen im Wort und in der Lehre. 18 Denn die Schrift sagt: »Du sollst dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden«; und: »Ein Arbeiter ist seines Lohnes wert«. (1Tim 5,17‑18 LUT; grün sind Hinweise, wie sich alle verhalten sollen)
Das griechische Verb „proístēmi“ ist zusammengesetzt aus „pró“ (deutsch „vor“) und „hístēmi“ (deutsch „stehen“); vorstehen bedeutet, führen und leiten. Als Ältester soll man also dadurch führen und leiten, daß man als gutes Beispiel vorangeht und die anderen positiv beeinflußt. Sich mühen (griechisch „kopiáō“) beschreibt erschöpfendes und mühsames arbeiten.
Diese Älteste sollen doppelter Ehre (griechisch „timḗ“) wertgeachtet werden, und zwar insbesondere diejenigen, die lehren. Hier geht es um Ehre im Sinne von Respekt und darum, daß man die Diener Gottes unterstützt. Näheres hierzu findet man in dem Abschnitt zur finanziellen Unterstützung der Diener Gottes in meinem Aufsatz „Welche Gebote sollten Christen halten?“
Paulus schrieb auch:
Wir bitten euch aber, Brüder und Schwestern: Achtet, die sich unter euch mühen und euch vorstehen im Herrn und euch ermahnen; (1Thess 5,12 LUT)
Was die Verben „sich mühen“ (griechisch „kopiáō“) und vorstehen (griechisch „proístēmi“) bedeuten, haben wir bereits oben erläutert. Ermahnen (griechisch „nouthetéō“) ist abgeleitet von Verstand („noús“) und dem Verb „títhēmi“, das „setzen“, „stellen“ oder „legen“ bedeutet. Man rückt jemandem den Verstand zurecht oder bringt ihn in Ordnung. Es geht hier also darum, einen anderen zu überzeugen und ihn zu warnen.
Diejenigen, welche ermahnen, vorstehen und sich mühen, soll man achten (griechisch „eídō“). Dieses Verb kann auch bedeuten, mit den körperlichen Augen zu sehen, was die Brücke schlägt zur metaphorischen Bedeutung, nämlich „wahrnehmen“ oder „geistig sehen“. Dies ist mit dem Ausdruck verwandt: „Ich sehe oder erkenne, was Du meinst.“ Es geht hier also darum, den Rat der Ältesten zu beachten.
Paulus schrieb des weiteren, Älteste sollten in der Lage sein…
…in der gesunden Lehre zu unterweisen und die Widersprechenden zu überführen. (Tit 1,9 EÜ)
Unterweisen (griechisch „parakaléō“) ist abgeleitet von „pará“, das soviel bedeutet wie „dicht dabei“ oder „dicht daneben“, und „kaléō“, was „rufen“ bedeutet. Es geht darum, daß man jemandem Nahestehenden persönlichen Rat gibt, ihn ermahnt oder ermuntert.
Überführen (griechisch „elégxō“) bedeutet gemäß des griechischen Wörterbuchs, mit soliden Beweisen zu überzeugen, insbesondere Fehler zu entlarven und das Gegenteil zu beweisen. Man macht andere also auf ihre Denkfehler aufmerksam und bringt sie mit gut fundierten Argumenten zur Umkehr.
Jakobus schrieb:
Ist jemand von euch krank? Er soll die Ältesten der Gemeinde zu sich rufen lassen; und sie sollen für ihn beten und ihn dabei mit Öl salben im Namen des Herrn. (Jak 5,14)
Älteste sollen also für Kranke beten und sie mit Öl salben.
Beim apostolischen Konzil kamen die Apostel und die Ältesten zusammen, um zu beraten, wie man mit der Streitfrage umgehen sollte, ob sich die Heidenchristen beschneiden lassen und das Gesetz Mose halten müssen (Apg 15,6). Zu den Aufgaben der Ältesten gehört also auch, über grundsätzliche Glaubensfragen zu beraten und entsprechend zu lehren.
2.2 Wie sollte man sich gegenüber Ältesten verhalten?
Wir haben bereits gesehen, daß man Älteste ehren (1Tim 5,17) und achten soll (1Thess 5,12). Im Brief an die Hebräer steht:
Gedenkt an eure Führer, die euch das Wort Gottes gesagt haben; schaut das Ende ihres Wandels an und ahmt ihren Glauben nach! (Hebr 13,7)
Im Hebräerbrief finden wir nicht die Begriffe „Älteste“ oder „Aufseher“, sondern ausnahmsweise das Wort „Führer“ (oder auch „Vorsteher“ in der Einheitsübersetzung). Die Begriffe „Älteste“ oder „Aufseher“ werden in diesem Brief überhaupt nicht verwendet, sondern stattdessen das Verb „hégeomai“. Man kann also wörtlich übersetzten: „Denkt an die euch Führenden“. Gemeint ist dasselbe, also die Wörter „Älteste“, „Aufseher“, „Führer“ und „Vorsteher“ sind gleichbedeutende Synonyme.
Im soeben gelesenen Vers geht es darum, daß man sich an dem positiven Vorbild der Ältesten orientieren soll. Paulus schrieb dazu:
Werdet meine Nachahmer, ihr Brüder, und seht auf diejenigen, die so wandeln, wie ihr uns zum Vorbild habt. (Phil 3,17; siehe auch 1Kor 4,16)
Seid meine Nachahmer, gleichwie auch ich [Nachahmer] des Christus bin! (1Kor 11,1; siehe auch 1Thess 1,6)
Die Ältesten sollten ein Vorbild sein, um folgendes zu erreichen:
Werdet nun Gottes Nachahmer… (Eph 5,1)
…denn auch Christus hat … euch ein Beispiel gegeben, damit ihr seinen Spuren folgt. (1Petr 2,21 EÜ)
Laßt uns im Hebräerbrief weiterlesen:
Gehorcht euren Führern und fügt euch ihnen; denn sie wachen über eure Seelen als solche, die einmal Rechenschaft ablegen werden, damit sie das mit Freuden tun und nicht mit Seufzen; denn das wäre nicht gut für euch! (Hebr 13,17)
Das griechische Verb „peíthō“, das mit „gehorchen“ übersetzt wurde, ist die Wurzel von dem Substantiv „pístis“, das „Glaube“ bedeutet; gemäß Wörterbuch bedeutet dieses hier im Passiv stehende Verb eigentlich „überzeugen“ oder „Vertrauen haben“. In diesem Sinn wurde es fast überall im Neuen Testament übersetzt (z.B. Mk 10,24; Lk 18,9; Apg 26,26; Apg 28,24; Röm 8,38; Röm 15,14; Phil 1,6+25; 2Tim 1,5+12). Man soll sich also überzeugen lassen und Glauben bzw. Vertrauen in die Ältesten haben. Man fügt sich dadurch, daß man den Ältesten vertraut. Den Beginn dieses Verses sollte man somit besser übersetzen mit:
Laßt euch von euren Ältesten überzeugen… (Hebr 13,17 eigene Übersetzung)
Daß die Ältesten wachen (griechisch „agrypnéō“, das heißt „nicht schlafen“) unterstreicht ihr emsiges Arbeiten oder Mühen beim Hüten, wie es auch in anderen Bibelversen oben ausgedrückt wurde.
Bei der Rechenschaft, die die Führer ablegen werden, werden sie nicht Rechenschaft über andere ablegen, sondern „Rechenschaft über ihren Dienst“ (NGÜ). Das ergibt sich aus dem griechischen Text. Deswegen übersetzen andere:
… Ihre Aufgabe ist es, über euch zu wachen, und sie werden über ihren Dienst Rechenschaft geben müssen… (Hebr 13,17 GNB; vgl. LUT, EÜ)
Die Ältesten haben keine Verantwortung für andere, sie sind aber dafür verantwortlich, was sie tun oder auch nicht tun, und zwar in dem Sinne wie Gott es Hesekiel erklärte:
20 Und wenn ein Gerechter sein rechtschaffenes Leben aufgibt und Unrecht tut und ich ihn zu Fall bringe, so wird dieser sterben. Weil du ihn nicht gewarnt hast, wird er seiner Sünde wegen sterben und an seine gerechten Taten, die er getan hat, wird man nicht mehr denken. Sein Blut aber fordere ich aus deiner Hand zurück. 21 Du aber, wenn du einen Gerechten davor warnst zu sündigen und dieser sündigt nicht, dann wird er am Leben bleiben, weil er gewarnt wurde, du aber hast dein Leben gerettet. (Hes 3,20‑21 EÜ; siehe auch Hes 3,17‑19; Hes 33,2‑9)
Es trägt also niemand Verantwortung für jemand anderen (siehe auch Gal 6,4‑5). Man ist auch niemandem gegenüber Rechenschaft schuldig als Gott allein.
Petrus schrieb:
Ebenso ihr Jüngeren, ordnet euch den Ältesten unter! Alle aber umkleidet euch mit Demut im Umgang miteinander! Denn »Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade«. (1Petr 5,5 ELB)
Man soll sich den Ältesten unterordnen (griechisch „hypotássō“), das heißt, man soll sie ehren, respektieren und ihre Lehre sowie ihren Rat achten. Das bezieht sich auf Fragen des Glaubens und hat nichts mit persönlichen Dingen oder privaten Entscheidungen zu tun. Das gleiche griechische Verb „hypotássō“ findet man auch in den folgenden Versen:
ordnet auch ihr euch solchen unter und jedem, der mitwirkt und arbeitet. (1Kor 16,16)
ordnet euch einander unter in der Furcht Gottes! (Eph 5,21)
Sich einander unterzuordnen schließt auch ein, daß sich die Ältesten den anderen Glaubensgeschwistern unterordnen. Dieses sich gegenseitige Unterordnen wird an anderer Stelle folgendermaßen verdeutlicht:
…in Demut achte einer den anderen höher als sich selbst. (Phil 2,3)
Im Griechischen finden wir hier wieder das Verb „hégeomai“, das auch „führen“ bedeutet; in diesem Fall wurde es mit „achten“ übersetzt. Den anderen höher zu achten kann demnach auch bedeuten, sich von ihm führen zu lassen.
Es ist kein blinder Gehorsam gegenüber den Ältesten gefragt. Alle Lehren darf man selbstverständlich prüfen, ja man sollte es sogar. Das taten auch die Leute in Beröa, nachdem Paulus und Silas sie lehrte:
11 Diese aber waren edler gesinnt als die in Thessalonich und nahmen das Wort mit aller Bereitwilligkeit auf; und sie forschten täglich in der Schrift, ob es sich so verhalte. 12 Es wurden deshalb viele von ihnen gläubig… (Apg 17,11‑12)
Wenn man eine Lehre prüft, dann beschäftigt man sich intensiv mit ihr. Sie geht nicht nur ins eine Ohr rein und durchs andere raus. Wenn man etwas geprüft hat und es deswegen für richtig befindet, dann hat man stärkeren Glauben daran als vor der Prüfung. Und deshalb wurden auch viele Leute in Beröa gläubig.
2.3 Wie sollten sich Älteste anreden lassen?
Jesus sagte zu seinen Jüngern, den Aposteln:
8 Ihr aber sollt euch nicht Rabbi nennen lassen,
denn einer ist euer Meister, der Christus; ihr aber seid alle Brüder.
9 Nennt auch niemand auf Erden euren Vater;
denn einer ist euer Vater, der im Himmel ist.
10 Auch sollt ihr euch nicht Meister nennen lassen;
denn einer ist euer Meister, der Christus.
11 Der Größte aber unter euch soll euer
Diener sein.
12 Wer sich aber selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und
wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.
(Mt 23,8‑12)
„Rabbi“ war eine ehrenvolle Anrede für jüdische Lehrer der Schrift. Man soll sich nicht mit „Rabbi“, „Meister“ oder „Lehrer“ anreden lassen, weil Jesus der Meister ist. Im Griechischen steht hier das Wort „didáskalos“, das „Lehrer“ bedeutet und häufig mit „Meister“ übersetzt wird. Man soll auch niemanden „Vater“ nennen, weil dieser Titel unserem himmlischen Vater gebührt. Jesus ermahnte, sich nicht mit einem Ehrentitel anreden zu lassen und auch andere nicht mit einem Titel anzureden, der ihm oder unserem Vater im Himmel zusteht. Wir sollten also insbesondere keine Titel verwenden, die Gott gebühren.
Jesus erwähnte Titel, die damals gebräuchlich waren. Wären seinerzeit folgende Titel üblich gewesen, dann hätte Jesus wohl diese erwähnt:
- Apostel (griechisch „apóstolos“ für „Gesandter“): Jesus ist ein Apostel (Hebr 3,1). Er wurde von unserem Vater im Himmel gesandt (Joh 17,3+8+18+21+23+25; Joh 20,21; Apg 3,20; 1Joh 4,9‑10+14).
- Prophet (griechisch „prophḗtēs“): Jesus ist ein Prophet (Mt 13,57; Mk 6,4; Lk 1,76; Lk 4,24; Lk 7,16; Apg 3,20‑23).
- Evangelist (griechisch „euaggelistḗs“: jemand, der gute Botschaft verkündigt): Jesus ist ein Evangelist (Mt 11,5; Lk 4,18+43; Lk 7,22; Lk 8,1; Lk 20,1; Apg 10,36; Eph 2,17).
- Pastor (lateinisch für „Hirte“): Jesus ist unser Hirte (Joh 10,11+14; 1Petr 2,25; 1Petr 5,4).
- Lehrer (griechisch „didáskalos“, häufig mit „Meister“ übersetzt): Jesus ist unser Lehrer (Mt 8,19; Mt 9,11; Mt 12,38; Mt 17,24; Mt 19,16; Mt 22,16+24+36; Mt 23,8+10; Mt 26,18; Mk 4,38; Mk 5,35; Mk 9,17+38; Mk 10,17+20+35; Mk 12,14+19+32; Mk 13,1; Mk 14,14; Lk 7,40; Lk 8,49; Lk 9,38; Lk 10,25; Lk 11,45; Lk 12,13; Lk 18,18; Lk 19,39; Lk 20,21+28+39; Lk 21,7; Lk 22,11; Joh 1,38; Joh 3,2; Joh 8,4; Joh 11,28; Joh 13,13‑14; Joh 20,16).
- Doktor (aus dem Lateinischen für „Lehrer“): siehe oben.
- Diakon (griechisch “diákonos” für „Diener“): Jesus war Diakon (Mt 20,28; Mk 10,45; Joh 13,5; Röm 15,8; Hebr 8,2).
- Priester: Jesus ist unser Priester (Hebr 5,10; Hebr 6,20).
- Bischof (abgeleitet vom griechischen „epískopos“ für „Aufseher“): Jesus ist unser Aufseher (1Petr 2,25).
- Eminenz (aus dem Lateinischen für „herausragen“ bzw. „Erhöhung“, also „heilig“ bzw. „Heiligkeit“, Anrede für Kardinäle): Gott ist heilig (2Mo 15,11; 1Sam 2,2; Ps 97,12; Ps 99,5; Jes 6,3; Jes 43,15; Off 15,4).
- Papst (aus dem Altgriechischen für „Vater“): Gott ist unser Vater (Mt 6,9; Mt 23,9; Lk 11,2).
All diese Titel gebühren also Gott, weswegen wir uns keinesfalls damit anreden lassen sollten und wir sollten auch niemanden so ansprechen. Wenn man beispielsweise einen pastoralen Dienst ausübt, sollte man sich nicht mit „Pastor“ anreden lassen. Es ist durchaus sinnvoll bekanntzumachen, wer Pastor, Evangelist, Prophet, Lehrer usw. ist. Auch kann man zum Beispiel selbst darauf hinweisen, daß man ein Pastor ist. Paulus und Petrus haben auch erwähnt, daß sie Apostel sind (z.B. Röm 1,1; 1Petr 1,1). Denn dadurch wissen die anderen besser, mit welchen Angelegenheiten sie sich an wen wenden können. Jesus hat alle Gläubigen zu Priestern gemacht (Off 1,6; Off 5,10; 1Petr 2,9) und wir sind alle Brüder (Mt 23,8).
Im gesamten Neuen Testament wird die Anrede „Rabbi“ (griechisch „rhabbi“) sowie „Meister“ oder „Lehrer“ (griechisch „didáskalos“) ausschließlich für Jesus verwandt. Es wurde niemand mit „Prophet“ oder „Apostel“ angeredet. Allgemein üblich war die Anrede „Bruder“. Ebenso wurden die Apostel mit „Bruder“ angeredet (Apg 2,37; Apg 9,17; Apg 21,20; Apg 22,13). Wir können auch dem Beispiel von Petrus folgen, der den Apostel Paulus in einem seiner Briefe als „Bruder Paulus“ benannte (2Petr 3,15).
Wichtig ist, daß wir uns nicht selbst erhöhen (Mt 23,12; Lk 14,11). Jesus sagte auch:
41 Ich nehme nicht Ehre von Menschen… 44 Wie könnt ihr glauben, die ihr Ehre voneinander nehmt und die Ehre von dem alleinigen Gott nicht sucht? (Joh 5,41+44)
Die Ehre (griechisch „dóksa“), von der Jesus hier sprach, ist eine göttliche Ehre und Herrlichkeit, die Gott zusteht (Gal 1,5; Off 5,13; Off 7,12). Es steht geschrieben:
Ich bin der HERR, das ist mein Name; und ich will meine Ehre keinem anderen geben, noch meinen Ruhm den Götzen! (Jes 42,8; siehe auch Jes 48,11)
Gott teilt seine Ehre nicht mit uns Menschen. Wir sollten also insbesondere keinen Titel verwenden, der Gott zusteht.
2.4 Wie sollten Älteste sein?
Wie wir bereits festgestellt haben, sollte ein Ältester ein gutes Vorbild sein (Hebr 13,7; 1Petr 5,3) und den anderen dienen (Mt 20,27; Mk 10,42‑45; Mk 9,35; Lk 22,25‑26). Paulus schrieb:
1 Glaubwürdig ist das Wort: Wer nach einem Aufseherdienst trachtet, der begehrt eine vortreffliche Tätigkeit. 2 Nun muß aber ein Aufseher untadelig sein, Mann einer Frau, nüchtern, besonnen, anständig, gastfreundlich, fähig zu lehren; 3 nicht der Trunkenheit ergeben, nicht gewalttätig, nicht nach schändlichem Gewinn strebend, sondern gütig, nicht streitsüchtig, nicht geldgierig; 4 einer, der seinem eigenen Haus gut vorsteht und die Kinder in Unterordnung hält mit aller Ehrbarkeit 5 ‑ wenn aber jemand seinem eigenen Haus nicht vorzustehen weiß, wie wird er für die Gemeinde Gottes sorgen? ‑ , 6 kein Neubekehrter, damit er nicht aufgeblasen wird und in das Gericht des Teufels fällt. 7 Er muß aber auch ein gutes Zeugnis haben von denen außerhalb [der Gemeinde], damit er nicht in üble Nachrede und in die Fallstricke des Teufels gerät. (1Tim 3,1‑7)
6 wenn einer untadelig ist, Mann einer Frau, und treue Kinder hat, über die keine Klage wegen Ausschweifung oder Aufsässigkeit vorliegt. 7 Denn ein Aufseher muß untadelig sein als ein Haushalter Gottes, nicht eigenmächtig, nicht jähzornig, nicht der Trunkenheit ergeben, nicht gewalttätig, nicht nach schändlichem Gewinn strebend, 8 sondern gastfreundlich, das Gute liebend, besonnen, gerecht, heilig, beherrscht; (Tit 1,6‑8)
All das kann man in einem Satz zusammenfassen: Ein Ältester muß ein gutes Vorbild sein. Fast beiläufig wurde erwähnt, daß er fähig sein muß zu lehren (1Tim 3,2). Jede der genannten Charaktereigenschaften sollte jeder Christ haben oder mindestens danach streben. Man sollte gute Früchte hervorgebracht haben, die zu einem „guten Zeugnis“ führen (vgl. Mt 7,15‑23).
Paulus schrieb, ein Ältester sollte „Mann einer Frau“ sein (1Tim 3,2; Tit 1,6). Kann man also kein Ältester sein, wenn man nicht verheiratet ist? Paulus schrieb auch:
7 Denn ich wollte, alle Menschen wären wie ich; aber jeder hat seine eigene Gnadengabe von Gott, der eine so, der andere so. 8 Ich sage aber den Ledigen und den Witwen: Es ist gut für sie, wenn sie bleiben wie ich. 9 Wenn sie sich aber nicht enthalten können, so sollen sie heiraten; denn heiraten ist besser als in Glut geraten. (1Kor 7,7‑9)
Hier stellte Paulus positiv und nachahmenswert heraus, daß er selbst ledig war. Er als Apostel war natürlich auch Ältester und forderte sogar dazu auf, ihn selbst nachzuahmen (Phil 3,17). Daß also ein Ältester unbedingt eine Frau haben muß, kann somit wohl nicht richtig sein. Vermutlich hat Paulus gemeint, daß man nicht mehr als eine Frau haben darf.
Kann man nur Ältester sein, wenn auch seine Kinder vorbildlich leben? König David war ein Mann nach Gottes Herzen (1Sam 13,14), aber zwei seiner Söhne, Amnon und Absalom (2Sam 13,1), lebten wirklich nicht vorbildlich: Amnon vergewaltigte seine Schwester Tamar (2Sam 13,14) und Absalom beging Hochverrat, setzte sich selbst als König ein (2Sam 15,10) und beging öffentlich Ehebruch mit den Frauen seines Vaters (2Sam 16,22). Samuel war lebenslang Richter über Israel (1Sam 7,15), aber seine Söhne ließen sich zu seinen Lebzeiten als Richter bestechen (1Sam 8,1‑3). Und die Söhne des Priesters Eli waren ruchlos, wollten von Gott nichts wissen (1Sam 2,12) und begingen Unzucht (1Sam 2,22).
Hat Paulus vielleicht nur kleine Kinder gemeint? Das ist fraglich. Denn man wird gegenüber kleinen Kindern wohl keine „Klage wegen Ausschweifung“ vorbringen (Tit 1,6); unter Ausschweifung (griechisch „asōtía“) ist beispielsweise ein Besäufnis zu verstehen (Eph 5,18). Auch steht das Wort „Kinder“ (griechisch „téknon“) nicht nur für kleine Kinder, sondern es ist wie im Deutschen auch für erwachsene Nachkommen gebräuchlich (z.B. Mt 21,28; Mt 27,25; Lk 15,31; Joh 8,39; Gal 4,28+31; 1Tim 5,4; 1Petr 3,6).
Die Punkte in den beiden Briefen von Paulus können einen Anhalt geben, sollten aber weder als verbindlicher noch als alleiniger Maßstab angesehen werden. Wir haben beispielsweise oben bereits gelesen, daß man den Glauben der Ältesten nachahmen sollte (Hebr 13,7); also sollten Älteste natürlich auch einen nachahmenswerten Glauben haben, was Paulus aber nicht erwähnte.
Daß ein Neubekehrter kein Ältester sein kann (1Tim 3,6), halte ich für selbstverständlich, wie viele andere Punkte auch. Denn es geht nicht primär um das Lebensalter, sondern darum, im Glauben ein Ältester zu sein, also im Laufe der Zeit, ein reifer vorbildlicher Christ geworden zu sein.
Paulus schrieb von Ältesten ausschließlich in der männlichen Form. Können Frauen deswegen keine Ältesten sein? Die Ansprache der Leser ausschließlich in der männlichen Form ist in den biblischen Briefen üblich. Wenn Schwestern erwähnt wurden, dann waren normalerweise bestimmte Individuen gemeint. Es gibt in keinem Brief die Anrede „Schwestern“ oder „Brüder und Schwestern“, sondern stets nur „Brüder“. So jedenfalls, wenn man die alten griechischen Texte liest. In manchen modernen Bibeln wird allerdings nunmehr das Wort „Brüder“ (griechisch „adelphos“) sinngemäß übersetzt mit „Brüder und Schwestern“ (z.B. Röm 1,13 EÜ, GNB, HFA, LUT) oder „Geschwister“ (NGÜ) oder sogar „Freunde“ (NLB).
Jesus vermehrte fünf Brote und zwei Fische und sehr viele Leute wurden davon satt. Im Markusevangelium steht hierzu, daß 5000 Männer gegessen hatten, und zwar ohne Frauen oder Kinder überhaupt zu erwähnen (Mk 6,44), obwohl diese zusätzlich dabei waren (Mt 14,21).
Die explizite Erwähnung von Frauen war seinerzeit unüblich, auch wenn diese mit einbezogen waren (Röm 8,29; Hebr 2,11‑12). Aufgrund der Formulierung in der männlichen Form können wir also nicht schließen, daß als Älteste nur Männer in Frage kommen. Ob auch Frauen Älteste sein können, werden wir später beantworten.
2.5 Wie wird man Ältester?
Paulus und Barnabas waren in Antiochia gewesen (Apg 13,1). Sie hatten in Ikonion und Lystra erfolgreich evangelisiert und brachen von dort plötzlich auf, weil ihr Leben bedroht war (Apg 13,50 bis Apg 14,20). Etwas später kehrten sie in diese drei Städte zurück…
Und sie setzten in jeder Gemeinde Älteste ein, beteten und fasteten und befahlen sie dem Herrn, an den sie nun glaubten. (Apg 14,23 LUT)
Das griechische Verb „xeirotonéō“, hier mit „einsetzen“ übersetzt, bedeutet buchstäblich, seine Hand auszustrecken als Zeichen der Bestätigung. Daß Paulus und Barnabas plötzlich aufbrachen, war sicherlich nicht der einzige Grund, warum die Ältesten später eingesetzt wurden. Es geht hier um Gemeinden, die noch nicht lange bestanden haben. Die neuen Gläubigen mußten sich erstmal eine gewisse Zeit lang vorbildlich wie Älteste verhalten haben, bevor sie dann öffentlich als solche bestimmt bzw. geehrt wurden.
Paulus schrieb an Titus:
Deswegen ließ ich dich in Kreta, daß du vollends ausrichten solltest, was noch fehlt, und Stadt für Stadt Älteste einsetzt, wie ich dir befohlen habe. (Tit 1,5 LUT)
Paulus betraute Titus damit, Älteste einzusetzen, weil das noch nicht erfolgt war. Es muß also in diesen Städten Gemeinden ohne Älteste gegeben haben. Sicherlich mußten auch hier die Ältesten zuvor ihre Eignung dafür im Laufe der Zeit erkennen lassen.
Haben sich durch die Ernennung ihre Aufgaben oder Verantwortlichkeiten geändert? Sicher nicht, denn sie dienten nach wie vor ihren Geschwistern. Die Ernennung von Ältesten ist primär ein Hinweis für die anderen, nämlich daß sie vorbildliche und vertrauenswürdige Geschwister sind.
Schauen wir uns noch an, wie Paulus berufen wurde und seinen Dienst begann. Jesus war Paulus erschienen (Apg 9,1‑7). Nachdem er wieder sehen konnte, ließ er sich taufen, wurde mit dem Heiligen Geist erfüllt und fing sofort an, das Evangelium zu verkündigen (Apg 9,20). Paulus hatte eine göttliche Offenbarung (Gal 1,12; siehe auch Eph 3,3; 1Kor 11,23). Er selbst schrieb dazu:
15 Als es aber dem, der mich von meiner Mutter Leibe an ausgewählt und durch seine Gnade berufen hat, gefiel, 16 seinen Sohn in mir zu offenbaren, damit ich ihn unter den Nationen verkündigte, zog ich nicht Fleisch und Blut zu Rate; 17 ich ging auch nicht nach Jerusalem hinauf zu denen, die vor mir Apostel waren, sondern ich ging sogleich fort nach Arabien und kehrte wieder nach Damaskus zurück. 18 Darauf, nach drei Jahren, ging ich nach Jerusalem hinauf, um Kephas kennenzulernen, und blieb fünfzehn Tage bei ihm. 19 Keinen anderen der Apostel aber sah ich außer Jakobus, den Bruder des Herrn. (Gal 1,15‑19 ELB)
Paulus begann seinen Evangelisationsdienst, ohne sich zuvor durch Apostel oder Älteste einsetzen oder bestätigen zu lassen. Er hatte sich noch nicht einmal mit diesen beraten. Er schrieb von sich:
Paulus, Apostel nicht von Menschen, auch nicht durch einen Menschen, sondern durch Jesus Christus und Gott, den Vater, der ihn auferweckt hat aus den Toten, (Gal 1,1)
4… Jesus Christus, unseren Herrn, 5 durch welchen wir Gnade und Aposteldienst empfangen haben… (Röm 1,4‑5)
Er hatte erkannt, von Jesus zum Apostel berufen worden zu sein. An die Korinther schrieb er:
Wenn ich für andere kein Apostel bin, so bin ich es doch wenigstens für euch… (1Kor 9,2)
Es zweifelten also wohl einige daran, daß Paulus ein Apostel ist, was ein Hinweis darauf sein kann, nicht von den anderen Apostel als solcher bestätigt worden zu sein.
Über die Ältesten in Ephesus steht ebenfalls nichts in der Bibel darüber, daß sie durch andere eingesetzt wurden, sondern daß sie…
…der Heilige Geist… zu Aufsehern gesetzt hat… (Apg 20,28)
Auch Johannes der Täufer wurde unmittelbar von Gott berufen (Lk 3,2; vgl. Joh 1,6), ebenso Mose und Aaron (2Mo 3,1‑10; 1Sam 12,6), Jeremia (Jer 1,4‑5) und Hesekiel (Hes 2,3 bis Hes 3,11).
Es ist durchaus gut, von Ältesten oder anderen Geschwistern bestätigt zu werden, aber das ist nicht unbedingt erforderlich. Ältester wird man dadurch, daß man den Dienst eines Ältesten vorbildlich tut.
2.6 Woran erkennt man Älteste?
Wie man sich verhält, wie man ist und was man macht, sind Anzeichen dafür, ob man Ältester ist. Zu beachten ist, daß es auch falsche Brüder und falsche Älteste gibt, also Leute, die sich als Brüder, Älteste, Apostel, Propheten oder Lehrer ausgeben, obwohl sie es nicht sind (Mt 24,5+11+24; Mk 13,6+22; 2Kor 11,13+26; 2Petr 2,1; 1Joh 4,1; Off 2,2; siehe auch Röm 16,17‑18; 1Tim 1,3).
Jesus warnte:
15 Hütet euch aber vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber reißende Wölfe sind! 16 An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Sammelt man auch Trauben von Dornen, oder Feigen von Disteln? 17 So bringt jeder gute Baum gute Früchte, der schlechte Baum aber bringt schlechte Früchte. 18 Ein guter Baum kann keine schlechten Früchte bringen, und ein schlechter Baum kann keine guten Früchte bringen. 19 Jeder Baum, der keine gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. 20 Darum werdet ihr sie an ihren Früchten erkennen. 21 Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Reich der Himmel eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut. 22 Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt und in deinem Namen Dämonen ausgetrieben und in deinem Namen viele Wundertaten vollbracht? 23 Und dann werde ich ihnen bezeugen: Ich habe euch nie gekannt; weicht von mir, ihr Gesetzlosen! (Mt 7,15‑23)
Und in den Briefen lesen wir:
1 Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind! Denn es sind viele falsche Propheten in die Welt ausgegangen. 2 Daran erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der bekennt, daß Jesus Christus im Fleisch gekommen ist, der ist aus Gott; 3 und jeder Geist, der nicht bekennt, daß Jesus Christus im Fleisch gekommen ist, der ist nicht aus Gott. Und das ist der [Geist] des Antichristen, von dem ihr gehört habt, daß er kommt; und jetzt schon ist er in der Welt. (1Joh 4,1‑3)
Was aber die eingeschlichenen falschen Brüder betrifft, … damit sie uns unterjochen könnten (Gal 2,4)
Und aus Habsucht werden sie euch mit betrügerischen Worten ausbeuten… (2Petr 2,3)
Wir alle sind zur Achtsamkeit aufgerufen, nicht nur die Ältesten. Denn diese Worte sind für alle Geschwister. Wir sollten uns also die Früchte der Leute (Mt 7,15‑23) und ihr Bekenntnis anschauen (1Joh 4,1‑3). Wahre Älteste unterjochen oder unterdrücken auch nicht (Gal 2,4); sie halten die anderen nicht klein, sondern fördern gezielt ihr geistliches Wachstum. Auch beuten sie niemanden aus (2Petr 2,3), weder finanziell noch seine Arbeitskraft betreffend.
3 Diakone
In diesem Abschnitt geht es um die Aufgaben von Diakonen, wie sie sein sollten und wie man ein Diakon werden kann.
3.1 Was sind ihre Aufgaben?
Über das erstmalige Einsetzen von Diakonen lesen wir in der Apostelgeschichte:
1 In jenen Tagen aber, als die Zahl der Jünger wuchs, entstand ein Murren der Hellenisten gegen die Hebräer, weil ihre Witwen bei der täglichen Hilfeleistung übersehen wurden. 2 Da beriefen die Zwölf die Menge der Jünger zusammen und sprachen: Es ist nicht gut, daß wir das Wort Gottes vernachlässigen, um bei den Tischen zu dienen. 3 Darum, ihr Brüder, seht euch nach sieben Männern aus eurer Mitte um, die ein gutes Zeugnis haben und voll Heiligen Geistes und Weisheit sind; die wollen wir für diesen Dienst einsetzen, 4 wir aber wollen beständig im Gebet und im Dienst des Wortes bleiben! 5 Und das Wort gefiel der ganzen Menge, und sie erwählten Stephanus, einen Mann voll Glaubens und Heiligen Geistes, und Philippus und Prochorus und Nikanor und Timon und Parmenas und Nikolaus, einen Proselyten aus Antiochia. 6 Diese stellten sie vor die Apostel, und sie beteten und legten ihnen die Hände auf. (Apg 6,1‑6; die Aufgaben der Diakone sind auch dunkelblau hervorgehoben und hellblau sind wiederum Hinweise wie sie sich verhalten oder wie sie sein sollten)
Die Aufgaben der Diakone liegen in praktischen Tätigkeiten. Das griechische Wort „diákonos“ bezeichnet buchstäblich jemanden, der beim Dienen in Eile Staub aufwirbelt. Es ist also jemand, der eifrig und emsig dient. Meistens wird „diákonos“ mit „Diener“ übersetzt:
… Wenn jemand der Erste sein will, so sei er von allen der Letzte und aller Diener! (Mk 9,35; siehe auch Mt 20,26; Mt 23,11; Mk 10,43)
Paulus bezeichnete sich selbst mehrfach als Diener („diákonos“: 1Kor 3,5; Eph 3,7; Kol 1,25). Jeder sollte ein Diener sein. Ähnlich wie jeder nach den Eigenschaften der Ältesten streben sollte, sollte auch jeder eine dienende Haltung einnehmen, und das schließt die Ältesten ausdrücklich mit ein.
3.2 Wie sollten Diakone sein?
Ähnlich wie Paulus über die erwünschten Eigenschaften von Ältesten schrieb, schrieb er folgendes über Diakone:
8 Gleicherweise sollen auch die Diakone ehrbar sein, nicht doppelzüngig, nicht vielem Weingenuß ergeben, nicht nach schändlichem Gewinn strebend; 9 sie sollen das Geheimnis des Glaubens in einem reinen Gewissen bewahren. 10 Und diese sollen zuerst erprobt werden; dann sollen sie dienen, wenn sie untadelig sind. 11 [Die] Frauen sollen ebenfalls ehrbar sein, nicht verleumderisch, sondern nüchtern, treu in allem. 12 Die Diakone sollen jeder Mann einer Frau sein, ihren Kindern und ihrem Haus gut vorstehen; (1Tim 3,8‑12)
Um es wieder kurz zusammenzufassen, ein Diakon sollte ein gutes Vorbild sein! Diese Liste ähnelt der bereits oben betrachteten Liste bzgl. der Ältesten und meine Kommentare dazu sind hier ebenso relevant.
3.3 Wie wird man Diakon?
In dem ersten Bericht über Diakone haben wir vorhin gelesen, daß sie von der „ganzen Menge“ ausgewählt wurden. Dann haben die Apostel für sie gebetet und ihnen die Hände aufgelegt. (Apg 6,1‑6)
Paulus empfahl, daß die Diakone zunächst erprobt werden sollten (1Tim 3,10). Das macht Sinn, weil die Aufgaben der Diakone in praktischen Diensten liegen und nicht jeder das nötige Talent dazu hat.
Mit der Einsetzung als Diakon übernimmt man also die entsprechenden Dienste.
4 Vergleich von Ältesten und Diakonen
Älteste und Diakone haben einige Gemeinsamkeiten, aber auch sehr wesentliche Unterschiede. Sowohl Älteste als auch Diakone haben eine besondere Stellung im Leib Christi, in der sie von vielen wahrgenommen werden. Sie sollten einen untadeligen Ruf haben und ein gutes Vorbild sein.
Wenn ein Ältester ernannt oder bestätigt wird, dann ändert sich seine Stellung nur insofern, daß sie öffentlich von anderen anerkannt oder bestätigt wird. Seine Aufgaben und sein Dienst ändern sich dadurch nicht. Deswegen braucht man sie auch nicht zur Probe zu ernennen, weil sie ja schon vorher in diese Berufung hineingewachsen sind. Als Ältester ist man primär ein Vorbild. Somit gibt es auch keine Amtsperioden oder ähnliches für Älteste; als Ältester leitet und dient man, solange man lebt.
Anders ist es bei den Diakonen. Diese übernehmen mit ihrer Ernennung einen bestimmten praktischen Dienst. Man bekleidet also das Amt eines Diakons, solange man diesen Dienst verrichtet.
Diakone werden von anderen Glaubensgeschwistern dazu ausgewählt, um ihnen in bestimmten Belangen praktisch zu dienen. Älteste werden aber nicht von anderen gewählt, sondern sie werden durch ihre Ernennung geehrt oder ausgezeichnet. Ob man Ältester ist oder nicht, hängt nicht davon ab, ob man formell von anderen Geschwistern als Ältester benannt wurde oder nicht.
5 Aufgaben aller Gläubigen
In diesem Abschnitt wollen wir Bibelstellen betrachten, in denen es darum geht, was alle Christen tun sollten, egal ob Ältester oder nicht. Anschließend wollen wir dann die Aufgaben der Ältesten mit denen der anderen Gläubigen vergleichen. Deswegen fokussieren wir uns bewußt auf die Dinge, die für diesen Vergleich wesentlich sind.
Zunächst betrachten wir hierzu in den nächsten Unterabschnitten die Aufgaben, von denen wir oben gelesen haben, daß Älteste sie ausführen sollten (wie lehren, andere zurechtweisen, ermahnen, unterweisen und für Kranke beten). Darauffolgend beschäftigen wir uns noch mit Aufgaben, die typischerweise von Ältesten ausgeführt werden, wie Abendmahl austeilen, taufen und Wunder tun.
5.1 Fürsorge
In den Briefen können wir lesen:
… Alle Glieder sollen einträchtig füreinander sorgen. (1Kor 12,25 NeÜ)
Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen. (Phil 2,4 EÜ)
und laßt uns aufeinander achtgeben, damit wir uns gegenseitig anspornen zur Liebe und zu guten Werken, (Hebr 10,24)
Darum ermahnt einander und erbaut einer den anderen, wie ihr es auch tut! (1Thess 5,11)
Brüder, wenn auch ein Mensch von einer Übertretung übereilt würde, so helft ihr, die ihr geistlich seid, einem solchen im Geist der Sanftmut wieder zurecht… (Gal 6,1)
Wenn jemand seinen Bruder sündigen sieht, eine Sünde nicht zum Tode, so soll er bitten, und Er wird ihm Leben geben… (1Joh 5,16)
Gott möchte, daß wir uns umeinander kümmern und füreinander da sind. Wir sollen auf andere achten, sie erbauen und für sie bitten, also beten. Das alles gehört zum Hüten und sind somit auch Aufgaben der Ältesten.
Schon im alten mosaischen Bund galt folgendes Gebot:
…du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! … (3Mo 19,18)
Nächstenliebe ist kein neues Gebot von Jesus. Es war schon immer so, daß Gott wollte, daß die Menschen sich gegenseitig helfen und auch Arme unterstützen (5Mo 15,7‑11).
5.2 Lehren
In den Briefen steht geschrieben:
Laßt das Wort des Christus reichlich in euch wohnen in aller Weisheit; lehrt und ermahnt einander und singt mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern dem Herrn lieblich in eurem Herzen. (Kol 3,16)
Und ihr, die ihr längst Lehrer sein solltet, habt es wieder nötig, daß man euch die Anfangsgründe der göttlichen Worte lehre und daß man euch Milch gebe und nicht feste Speise. (Hebr 5,12 LUT)
2 Den alten Männern sage, daß sie nüchtern seien, ehrbar, besonnen, gesund im Glauben, in der Liebe, in der Geduld; 3 desgleichen den alten Frauen, daß sie sich verhalten, wie es Heiligen ziemt, nicht verleumderisch, nicht dem Trunk ergeben, fähig, Gutes zu lehren, (Tit 2,2‑3 LUT)
Ein Knecht des Herrn aber soll nicht streiten, sondern milde sein gegen jedermann, fähig zu lehren, geduldig im Ertragen von Bosheiten; (2Tim 2,24)
Das Lehren ist also nicht den Ältesten vorbehalten, sondern wir alle sollten im Laufe der Zeit mehr und mehr lehren.
Lange zuvor sagte Mose im Auftrag Gottes:
6 Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du auf dem Herzen tragen, 7 und du sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Haus sitzt oder auf dem Weg gehst, wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst; (5Mo 6,6‑7; siehe auch 5Mo 11,19)
Man sollte also von Gottes Wort reden, also darüber lehren, und zwar auch „auf dem Weg“, also nicht nur zu Hause, sondern auch in der Öffentlichkeit.
5.3 Ermahnen, zurechtweisen („nouthetéō“)
Im vorigen Abschnitt übers Lehren haben wir bereits gelesen, daß die Gläubigen einander auch ermahnen sollen (Kol 3,16; griechisch „nouthetéō“), was auch zu den Aufgaben der Ältesten gehört (1Thess 5,12).
Paulus schrieb jeweils an die gesamte Gemeinde:
Ich selbst habe aber, meine Brüder, die feste Überzeugung von euch, daß auch ihr selbst voll Gütigkeit seid, erfüllt mit aller Erkenntnis und fähig, einander zu ermahnen. (Röm 15,14)
Wir ermahnen euch aber: Weist die Nachlässigen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, tragt die Schwachen, seid geduldig mit jedermann. (1Thess 5,14 LUT)
14 Wenn aber jemand unserem brieflichen Wort nicht gehorcht, …15… weist ihn zurecht als einen Bruder. (2Thess 3,14‑15)
In diesen drei Versen steht jeweils das griechische Verb „nouthetéō“, das in den beiden letzten nicht mit „ermahnen“, sondern mit „zurechtweisen“ übersetzt wurde. Ermahnen bzw. zurechtweisen sind also auch Aufgaben aller Geschwister.
Bereits zu Moses Zeiten gebot Gott dem Volk Israel:
…du sollst deinen Nächsten ernstlich zurechtweisen, daß du nicht seinetwegen Schuld tragen mußt! (3Mo 19,17)
Seine Glaubensgeschwister zu ermahnen und zurechtzuweisen, ist also auch nichts Neues.
5.4 Unterweisen, ermahnen, ermuntern, trösten („parakaléō“)
In den Briefen steht auch:
Darum ermahnt einander und erbaut einer den anderen, wie ihr es auch tut! (1Thess 5,11)
Ermahnt einander vielmehr jeden Tag, solange es »Heute« heißt, damit nicht jemand unter euch verstockt wird durch den Betrug der Sünde! (Hebr 3,13)
So ermuntert nun einander mit diesen Worten! (1Thess 4,18 ELB)
Laßt uns nicht unseren Zusammenkünften fernbleiben, wie es einigen zur Gewohnheit geworden ist, sondern ermuntert einander, und das um so mehr, als ihr seht, daß der Tag naht! (Hebr 10,25 EÜ)
Er tröstet uns in all unserer Not, damit auch wir die Kraft haben, alle zu trösten, die in Not sind, durch den Trost, mit dem auch wir von Gott getröstet werden. (2Kor 1,4 EÜ)
Deshalb sollt ihr jetzt lieber verzeihen und trösten, damit ein solcher nicht von allzu großer Traurigkeit überwältigt wird. (2Kor 2,7 EÜ)
In diesen Versen wurde das griechische Verb „parakaléō“ mit „ermahnen“, „ermuntern“ oder „trösten“ übersetzt, aber mit „unterweisen“ im Zusammenhang mit den Aufgaben der Ältesten (Tit 1,9). Auch das sind also Aufgaben, die von allen Christen wahrgenommen werden sollen.
5.5 Widersprechende überführen
Paulus schrieb:
24 Ein Knecht des Herrn…25… soll mit Sanftmut die Widerspenstigen zurechtweisen… (2Tim 2,24‑25)
Die Apostel bezeichneten sich manchmal selbst demütig als Knechte oder Sklaven Jesu (griechisch „doúlos“; Röm 1,1; 2Kor 4,5; Gal 1,10; Phil 1,1; Tit 1,1; Jak 1,1; 2Petr 1,1; Jud 1,1) und an anderen Stellen verwendeten sie dasselbe Wort auch für andere Gläubige (1Kor 7,22; Eph 6,6; 1Petr 2,16; Off 1,1; Off 22,6).
Die Gläubigen sollten in diesem Sinne Knechte Gottes sein und die Widerspenstigen zurechtzuweisen. Das ist vielleicht sogar noch etwas anspruchsvoller als die oben formulierte Aufgabe der Ältesten, „die Widersprechenden zu überführen“ (Tit 1,9).
5.6 Für Kranke beten
Jakobus ermunterte:
Bekennt einander die Übertretungen und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet! Das Gebet eines Gerechten vermag viel, wenn es ernstlich ist. (Jak 5,16)
Auch das Beten für Kranke ist also nicht nur Aufgabe der Ältesten (Jak 5,14). Jesus sagte über die Gläubigen:
…die Kranken, denen sie die Hände auflegen, werden gesund werden. (Mk 16,18 EÜ)
5.7 Abendmahl austeilen
Das Abendmahl hat seinen Ursprung im Passahmahl, das im Kreis der Familie gefeiert wurde, also ohne Priester. Es kann von allen Gläubigen gefeiert werden, und zwar ohne die Anwesenheit von Ältesten. Viele weitere Details findet man hierzu in meinem Aufsatz zum Abendmahl.
5.8 Taufen
In der Apostelgeschichte wird von etlichen Taufen berichtet, unter anderem auch von den folgenden:
- Ananias war ein Jünger (Apg 9,10) und er taufte Saulus (Apg 9,18), der uns auch unter dem Namen Paulus bekannt ist (Apg 13,9).
- Petrus ließ taufen (Apg 10,48), und zwar von jüdischen Gläubigen, die mit ihm gekommen waren (Apg 10,45). Und das waren Brüder aus Joppe (Apg 10,23).
- Aufgrund der Verkündigung von Paulus wurden Krispus und viele weitere Korinther gläubig und ließen sich taufen (Apg 18,8). In seinem ersten Brief an die Korinther führte Paulus aus, daß er keine Korinther außer Krispus und Gajus sowie die Familie des Stephanas getauft hat (1Kor 1, 14‑16). Die vielen anderen gläubigen Korinther wurden somit sicherlich nicht von Ältesten getauft, wie auch die folgende Überlegung zeigt:
- Es war durchgängig so, daß die Gläubigen unmittelbar nach ihrer Bekehrung getauft wurden, und zwar nicht nur in den obigen Beispielen, sondern grundsätzlich (Apg 2,41; Apg 8,12; Apg 8,35‑38; Apg 16,14‑15; Apg 16,33; Apg 19,5; Apg 22,16). Wie wir oben gesehen haben, hat es auch Gemeinden gegeben, in denen keine Älteste eingesetzt waren. Also ist davon auszugehen, daß auch hier die Neubekehrten von anderen getauft wurden.
Auch Jesus taufte nicht selbst, sondern seine Jünger (Joh 4,2). – Man braucht also kein Ältester zu sein, um zu taufen.
Nebenbei möchte ich anregen, die Neubekehrten nach biblischem Vorbild unmittelbar nach ihrer Bekehrung zu taufen. Taufen kann auch derjenige den Neubekehrten, bei dem er sich bekehrt hat. Wenn kein geeigneter See in der Nähe ist, kann man jemanden beispielsweise auch im Schwimmbad oder in einer Badewanne taufen. Es gibt kein biblisches Beispiel, Täuflinge wochenlang auf einen Termin warten zu lassen und auch nicht dafür, jemanden in etlichen Taufvorgesprächen darauf vorzubereiten.
5.9 Wunder tun
Jesus sagte:
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und wird größere als diese tun, weil ich zu meinem Vater gehe. (Joh 14,12)
17 Und durch die, die zum Glauben gekommen sind, werden folgende Zeichen geschehen: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben; sie werden in neuen Sprachen reden; 18 wenn sie Schlangen anfassen oder tödliches Gift trinken, wird es ihnen nicht schaden; und die Kranken, denen sie die Hände auflegen, werden gesund werden. (Mk 16,17‑18 EÜ)
Stephanus war Diakon (Apg 6,5) und „tat Wunder und große Zeichen“ (Apg 6,8). Wundertaten sind also nicht den Ältesten vorbehalten, sondern es ist ausreichend, wenn man glaubt.
6 Vergleich von Ältesten und anderen Gläubigen
In der folgenden Tabelle haben wir die Bibelstellen zu den Aufgaben der Ältesten aufgeführt. Und bei Aufgaben, die auch von den anderen Christen ausgeführt werden sollen, haben wir die entsprechenden Bibelstellen ergänzt.
Aufgaben | Älteste | Alle Christen |
Hüten | Apg 20,28; Hebr 13,17; 1Petr 5,2 | Fürsorge: 1Kor 12,25; Gal 6,1; Phil 2,4; 1Thess 5,11; Hebr 10,24; 1Joh 5,16 |
Vorstehen | 1Thess 5,12; 1Tim 5,17 | |
Lehren | 1Tim 5,17; Hebr 13,7 | Kol 3,16; 2Tim 2,24; Tit 2,3; Hebr 5,12 |
Ermahnen, zurechtweisen (griechisch „nouthetéō“) | 1Thess 5,12 | Röm 15,14; Kol 3,16; 1Thess 5,14; 2Thess 3,15 |
Unterweisen, ermahnen, ermuntern, trösten (griechisch „parakaléō“) | Tit 1,9 | 2Kor 1,4; 2Kor 2,7; 1Thess 4,18; 1Thess 5,11; Hebr 3,13; Hebr 10,25 |
Widersprechende überführen, Widerspenstige zurechtweisen | Tit 1,9 | 2Tim 2,25 |
Für Kranke beten | Jak 5,14 | Mk 16,18; Jak 5,16 |
Kranke mit Öl salben | Jak 5,14 |
Es gibt keine Bibelstelle, die alle Gläubigen ermuntert, sich gegenseitig mit Öl zu salben. Jesus hat aber alle Gläubigen zu Priestern gemacht (Off 1,6; Off 5,10; 1Petr 2,9). Deswegen gibt es keine Handlungen, die den Ältesten vorbehalten sind.
Auffällig ist, daß in der Bibel ausdrücklich erwähnt wurde, daß fast alle Aufgaben der Ältesten auch von den anderen Gläubigen ausgeführt werden sollen. Das schließt sogar etliche Aufgaben der Hirten ein; denn die gegenseitige Fürsorge soll auch von den anderen Gemeindegliedern ausgeübt werden, also der Bereich des Hirtendienstes, der nichts mit Leitung zu tun hat.
Die Ältesten unterscheiden sich in ihren Aufgaben von den anderen also nur darin, daß sie anderen vorstehen und sie leiten.
7 Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer
Paulus schrieb:
19 So seid ihr… 20 auferbaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, während Jesus Christus selbst der Eckstein ist, (Eph 2,19‑20)
Das griechischen Wort für „Apostel“ ist „apóstolos“. Es ist abgeleitet vom Verb „apostéllō“, das wiederum abgeleitet ist von „apó“ (deutsch „weg von“) und „stéllō“ (deutsch „senden“). Ein Apostel wurde beauftragt und ausgesandt, wobei der Schwerpunkt auf der Autorität des Aussendenden liegt (so das griechische Wörterbuch). Apostel sind also Gesandte, die in besonderem Maße in der Autorität Jesu tätig sind (Apg 4,33; Apg 5,12).
Das Wort „Prophet“ (griechisch „prophḗtēs“) ist abgeleitet vom griechischen „pró“ (deutsch „vorher“) und „phēmí“ (deutsch „erhellen, ans Licht bringen“). Propheten erhalten in besonderem Maße göttliche Offenbarungen (Eph 3,5; Off 10,7). Durch ihr prophetisches Reden bauen sie andere auf, stärken und ermutigen sie und spenden auch Trost (1Kor 14,3; Apg 15,32). Darüber hinaus weissagen Propheten über die Zukunft (Apg 11,28; Apg 21,11).
In dieser soeben zitierten Bibelstelle wurden keine weiteren Dienste als Apostel und Propheten erwähnt und diese wurden sogar als Grundlage bezeichnet, auf der die Gemeinde auferbaut wird. Die in der Bibel erwähnten Apostel waren selbstverständlich auch Älteste. Johannes bezeichnete sich in seinen Briefen auch als Ältester (2Joh 1,1; 3Joh 1,1). Da außer den Aposteln hier als Grundlage nur die Propheten genannt wurden, ist davon auszugehen, daß auch alle Propheten Älteste sind. Hier geht es um den Dienst des Propheten, also um Leute, die Gott in besondere Weise für diesen Dienst berufen hat. Nicht jeder, der prophezeit, hat den Dienst eines Propheten.
Zwei Kapitel später lesen wir im Brief an die Epheser:
Und Er hat etliche als Apostel gegeben, etliche als Propheten, etliche als Evangelisten, etliche als Hirten und Lehrer, (Eph 4,11)
Das Wort „Evangelist“ (griechisch „euaggelistḗs“) ist abgeleitet vom griechischen „eú“ (deutsch „gut“) und „angellō“ (deutsch „verkünden“). Ein Evangelist ist also jemand, der die gute Botschaft vom Evangelium verkündigt.
Hirten kümmern sich um andere, versorgen, beschützen und leiten sie. Und ein Lehrer unterrichtet, vermittelt Wissen und bildet andere aus.
In diesem Bibelvers wurden zusätzlich auch Evangelisten, Hirten und Lehrer erwähnt. Ist es möglich, daß jemand beispielsweise ein Lehrer, aber kein Ältester ist? Ich gehe davon aus, daß man sich zuvor als Ältester bewährt haben muß, also daß man bereits vorbildlich gedient hat, bevor man von Gott in einen solchen Dienst berufen wird. Somit nehme ich an, daß auch alle Evangelisten, Hirten und Lehrer Älteste sind.
Paulus schrieb:
Und Gott hat in der Gemeinde etliche eingesetzt, erstens als Apostel, zweitens als Propheten, drittens als Lehrer; sodann Wunderkräfte, dann Gnadengaben der Heilungen, der Hilfeleistung, der Leitung, verschiedene Sprachen. (1Kor 12,28)
Hier ist explizit nur von drei Diensten die Rede, nämlich den Aposteln, Propheten und Lehrern; in der weiteren Aufzählung geht es nicht um Dienste, sondern um Gaben. Die Leitung, die ja die einzige Aufgabe ist, in der sich die Ältesten von den anderen unterscheiden, ist hierbei nur eine von vielen.
In diesen drei Bibelstellen geht es um Dienste, die Gott eingesetzt hat, und es ist auffällig, daß die Apostel und Propheten immer zuerst genannt und die Ältesten überhaupt nicht explizit erwähnt wurden. Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer sind Älteste mit einer ganz besonderen Berufung.
Wie wir bereits gesehen haben, sollten die Ältesten hüten und lehren. Das heißt aber nicht, daß jeder Älteste ein Hirte oder ein Lehrer ist. Genauso wie es Leute gibt, die prophezeien, ohne den Dienst des Propheten zu haben, gibt es auch Älteste, die weder Hirten noch Lehrer sind.
8 Die Rolle der Frauen in der Gemeinde
Paulus schrieb an die Korinther:
34 Eure Frauen sollen in den Gemeinden schweigen; denn es ist ihnen nicht gestattet zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie es auch das Gesetz sagt. 35 Wenn sie aber etwas lernen wollen, so sollen sie daheim ihre eigenen Männer fragen; denn es ist für Frauen schändlich, in der Gemeinde zu reden. (1Kor 14,34‑35)
Diese Worte mögen uns heutzutage sehr hart erscheinen. Die Briefe des Neuen Testaments wurden nicht an uns adressiert, sondern in diesem Fall speziell für die Korinther verfaßt, und zwar unter umfassender Kenntnis der damaligen speziellen Situation. Sie enthalten auch Antworten auf Fragestellungen, die uns heute unbekannt sind. Die Schreiber sind davon ausgegangen, daß die Leser mit diesen Hintergründen vertraut sind; denn sonst hätten sie manche Dinge sicherlich umfassender erklärt. Das führte sogar schon in der frühen Christenheit zu Problemen und so schrieb bereits Petrus:
15 Und seht die Langmut unseres Herrn als [eure] Rettung an, wie auch unser geliebter Bruder Paulus euch geschrieben hat nach der ihm gegebenen Weisheit, 16 so wie auch in allen Briefen, wo er von diesen Dingen spricht. In ihnen ist manches schwer zu verstehen, was die Unwissenden und Ungefestigten verdrehen, wie auch die übrigen Schriften, zu ihrem eigenen Verderben. (2Petr 3,15‑16)
Bei den Korinthern war es vielleicht so, daß die Frauen aufgrund geringerer Ausbildung viele Dinge nicht verstanden und es ihnen früher verwehrt gewesen war, an Versammlungen teilzunehmen. Möglicherweise wollte Paulus vermeiden, daß die Versammlung durch einfache Fragen einzelner gestört wurde, die leicht individuell zu Hause beantwortet werden konnten. Bevor wir uns eine abschließende Meinung hierzu bilden, lesen wir weitere Worte von Paulus, die er an Timotheus richtete:
Ich erlaube aber einer Frau nicht, zu lehren, auch nicht, daß sie über den Mann herrscht, sondern sie soll sich still verhalten. (1Tim 2,12)
Laßt uns ergänzend lesen, was Paulus an Titus schrieb:
3 Ebenso seien die älteren Frauen würdevoll in ihrem Verhalten, nicht verleumderisch und nicht trunksüchtig; sie müssen fähig sein, das Gute zu lehren, 4 damit sie die jungen Frauen dazu anhalten können, ihre Männer und Kinder zu lieben, (Tit 2,3‑4)
Paulus wollte also sicher nicht, daß Frauen niemals lehren. In der Apostelgeschichte können wir lesen, daß das durchaus vorkam:
… Priscilla und Aquila hörten ihn, nahmen ihn zu sich und legten ihm den Weg Gottes noch genauer dar. (Apg 18,26 EÜ)
Priscilla war die Frau von Aquila (Apg 18,2). Sie erklärte den Weg Gottes; sie lehrte also und wurde sogar vor ihrem Mann an erster Stelle genannt. War es womöglich ein Anliegen von Paulus, daß Frauen nicht in den Versammlungen lehren sollten?
Ein wichtiges Anliegen des Briefes an Timotheus war es, ihm Hilfestellung im Umgang mit aufgekommenen Irrlehren zu geben (siehe 1Tim 1,3‑7; 1Tim 4,1‑8; 1Tim 6,3‑5; 1Tim 6,20‑21). Vielleicht waren insbesondere die Frauen solchen Irrlehren aufgesessen, so daß er diese durch ein solches Verbot eindämmen wollte.
Können wir somit schließen, daß Frauen heutzutage nicht in Gottesdiensten lehren sollten? Betrachten wir noch weitere Hinweise an die Korinther:
4 Jeder Mann, der betet oder weissagt und ⟨dabei etwas⟩ auf dem Haupt hat, entehrt sein Haupt. 5 Jede Frau aber, die mit unverhülltem Haupt betet oder weissagt, entehrt ihr Haupt; denn sie ist ein und dasselbe wie die Geschorene. 6 Denn wenn eine Frau sich nicht verhüllt, so werde ⟨ihr⟩ auch ⟨das Haar⟩ abgeschnitten… (1Kor 11,4‑6 ELB)
Wenn also ein Mann mit einer Mütze auf dem Kopf betend durch den Schnee läuft, sündigt er dann? Und schneiden wir unseren Frauen ihre Haare ab, wenn sie ohne Kopfbedeckung beten? Paulus schrieb an Timotheus:
Ebenso [will ich] auch, daß sich die Frauen in ehrbarem Anstand mit Schamhaftigkeit und Zucht schmücken, nicht mit Haarflechten oder Gold oder Perlen oder aufwendiger Kleidung, (1Tim 2,9)
Wenn wir diese Anweisungen an Timotheus umsetzten würden, dann wären auch jegliche Haarflechten sowie Gold und Perlenschmuck tabu. Paulus schrieb außerdem:
Eine Witwe soll nur in die Liste eingetragen werden, wenn sie nicht weniger als 60 Jahre alt ist… (1Tim 5,9)
Damit war gemeint, daß die Gemeinde nur Witwen versorgen sollte, die mindestens 60 Jahre alt sind; denn jüngere Witwen sollten stattdessen heiraten (1Tim 5,14). Sollten wir das auch heutzutage so praktizieren?
In anderen Briefen finden wir die folgenden Aufforderungen:
Grüßt einander mit einem heiligen Kuß! … (Röm 16,16; ebenso in 1Kor 16,20; 2Kor 13,12; 1Thess 5,26; 1Petr 5,14)
Grüßt euch untereinander mit dem Kuß der Liebe… (1Petr 5,14 LUT)
Sündigen wir nun, wenn wir das nicht alles so praktizieren? Wenn wir meinen, daß einzelne dieser Anweisungen heutzutage nicht mehr befolgt werden müssen, warum sollten wir dann die anderen berücksichtigen? Oder wenn wir andererseits glauben, daß wir einer dieser Anweisungen Folge leisten müssen, müßten wir dann nicht auch konsequenterweise alle anderen befolgen?
Laßt uns auch bedenken, was im Alten Testament geschrieben steht:
Und Gott schuf den Menschen in seinem Bild, im Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau schuf er sie. (1Mo 1,27)
Mann und Frau sind also beide Gott ähnlich. Sie sind natürlich nicht gleich, sie spiegeln unterschiedliche Facetten von Gott wider. Gott hat Männern und Frauen durchaus andere Rollen und unterschiedliche Aufgaben gegeben. Während der Zeit des mosaischen Bundes mußten alle Männer dreimal jährlich anläßlich der höchsten Feste zum Tempel nach Jerusalem reisen (2Mo 23,17; 2Mo 34,23; 5Mo 16,16); die Frauen waren dazu nach dem Gesetz Mose nicht verpflichtet, reisten aber teilweise mit (Lk 2,41). Mose weihte Aaron und seine Söhne zu Priestern (2Mo 29,1‑34; 3Mo 8); und alle nachfolgenden Priester waren Söhne Aarons (4Mo 3,10; 4Mo 18,7; 1Chr 23,13; 2Chr 26,18).
Jesus hat alle Gläubigen zu Priestern gemacht (Off 1,6; Off 5,10; 1Petr 2,9), und zwar nicht nur die Männer, sondern die gesamte Gemeinde (griechisch „ekklēsía“; Off 1,4), und das schließt auch die Frauen mit ein. Paulus schrieb:
Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus. (Gal 3,28 EÜ)
Denn bei Gott gibt es keinerlei Bevorzugung. (Röm 2,11 NeÜ)
Gott bevorzugt also weder Männer noch Frauen. Frauen und Männer sind gleichwertig.
Debora war Prophetin und richtete das Volk Israel (Ri 4,4); sie war die Führerin des Volkes (Ri 5,7), und zwar ähnlich wie Mose zuvor. Im Alten Testament wurden einige weitere Prophetinnen erwähnt, und zwar Mirjam (2Mo 15,20), Hulda (2Kön 22,14; 2Chr 34,22) und Noadja (Neh 6,14) und darüber hinaus schrieb Jesaja von einer Prophetin, ohne ihren Namen zu nennen (Jes 8,3). Im Neuen Testament können wir von der Prophetin Hanna lesen (Lk 2,36). Und Paulus grüßte den angesehenen Apostel Junias (Röm 16,7) und Junias war wohl eine Frau, was aber strittig ist.
Manchmal hat Gott also Frauen in herausragende Positionen berufen, mit Debora sogar eine Frau, die dem gesamten Volk Israel vorstand (Ri 4,4). Man beachte, daß auch geschrieben steht:
Denn ich, der HERR, verändere mich nicht… (Mal 3,6)
Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und auch in Ewigkeit! (Hebr 13,8)
Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab, von dem Vater der Lichter, bei dem keine Veränderung ist, noch ein Schatten infolge von Wechsel. (Jak 1,17)
Gott ändert sich also nicht. Deswegen ist auch nicht davon auszugehen, daß Gott heutzutage keine Frauen mehr in leitende Positionen berufen würde. Somit ist es selbstverständlich, daß Frauen auch Älteste sein können.
Wie wir oben feststellten, sollten Älteste lehren. Somit müssen wir schlußfolgern, daß das Verbot von Paulus, daß Frauen nicht lehren dürfen (1Tim 2,12), situationsbezogen war und nicht allgemeingültig sein kann. Das Gleiche trifft auf sein Gebot zu, daß Frauen in der Gemeinde schweigen sollen (1Kor 14,34).
9 Organisatorische Hinweise
In diesem letzten Abschnitt vor den Schlußworten geht es um Gottesdienste, Mitgliedschaften in Gemeinden und deren Satzungen sowie um Vereine, Finanzen und die Gemeindestruktur.
9.1 Gottesdienste
Die Apostel lehrten und evangelisierten häufig im Tempel (Apg 2,42 i.V.m. Apg 2,46; Apg 5,42), in den Synagogen (Apg 13,5+14+42; Apg 14,1; Apg 17,1‑2+10+17; Apg 18,4+19+26; Apg 19,8) und Häusern (Apg 5,42; Apg 20,8) sowie an anderen Stätten, zum Beispiel am Fluß in Philippi (Apg 16,13) und auf dem Marktplatz in Athen (Apg 17,17).
Gottesdienste werden auch als Versammlungen bezeichnet. Einerseits gab es welche, die schwerpunktmäßig von den Aposteln gestaltet wurden, zum Beispiel als jemand schlafend aus dem Fenster fiel, während Paulus redete (Apg 20,9). Andererseits gab es Versammlungen, bei denen alle etwas beitragen sollten:
… Wenn ihr zusammenkommt, so hat jeder von euch etwas: einen Psalm, eine Lehre, eine Sprachenrede, eine Offenbarung, eine Auslegung; alles laßt zur Erbauung geschehen! (1Kor 14,26)
Nach diesem Vers gab Paulus den Korinthern einige weitere Anweisungen für deren Gottesdienstgestaltung (1Kor 14,27‑40).
Was ist nun ein Gottesdienst oder eine Versammlung? Jesus sagte:
Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich in ihrer Mitte. (Mt 18,20)
Wenn wir uns also mit jemand anderem treffen, um miteinander zu beten, Gott zu loben oder uns über Glaubensfragen auszutauschen, dann ist das bereits ein Gottesdienst oder eine Versammlung; und dabei ist es egal, wo sie stattfindet. Die Anwesenheit eines Ältesten ist nicht erforderlich. Die ersten 3000 Christen trafen sich täglich in ihren Häusern, und zwar ohne Apostel und Älteste, weil es damals noch gar nicht so viele geben konnte (Apg 2,46). Wie oben erwähnt, gab es auch Gemeinden ganz ohne Älteste.
Bemerkenswert ist auch, daß Paulus bei allen Hinweisen zur Gottesdienstgestaltung die gesamte Gemeinde ansprach, er erwähnte Älteste überhaupt nicht. Paulus wies ihnen insbesondere keinerlei Aufgabe zu im Hinblick auf die Gestaltung oder die Strukturierung eines Gottesdienstes. Prophetien sollten von der gesamte Gemeinde beurteilen werden (1Kor 14,29). Auch seine Ermahnung „Laßt alles anständig und ordentlich zugehen!“ (1Kor 14,40) richtete er an die gesamte Gemeinde.
9.2 Gemeindemitgliedschaft
Über die ersten Christen steht geschrieben:
44 Alle Gläubigen waren aber beisammen und hatten alle Dinge gemeinsam; 45 sie verkauften die Güter und Besitztümer und verteilten sie unter alle, je nachdem einer bedürftig war. 46 Und jeden Tag waren sie beständig und einmütig im Tempel und brachen das Brot in den Häusern, nahmen die Speise mit Frohlocken und in Einfalt des Herzens; 47 sie lobten Gott und waren angesehen bei dem ganzen Volk. Der Herr aber tat täglich die zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden. (Apg 2,44‑47)
Die Gläubigen feierten also nicht nur gemeinsame Gottesdienste, sondern sie lebten eng miteinander zusammen und unterstützten sich gegenseitig. Wenn man an Jesus glaubt, dann ist man dadurch Teil der Gemeinde Jesu, der „ekklēsía“; denn durch Gott wird man zur Gemeinde hinzugefügt, sobald man gerettet ist (Vers 47). Christen sollten Gemeinschaft mit anderen Gläubigen haben und auch an Versammlungen teilnehmen (Hebr 10,25).
Wenn man einen Gottesdienst besucht, dann ist man dadurch Teil dieser Versammlung, man gehört also zu dem Teil der Gemeinde Jesu, der sich zu dem Zeitpunkt an dem Ort trifft. Nehmen wir mal an, du besuchst einen Gottesdienst der Gemeinde X; dann bist du Teil dieser Versammlung, du gehörst dann zu dieser Gottesdienstgemeinschaft und dabei spielt es keine Rolle, ob die Gemeinde X dich als Gemeindemitglied aufgenommen hat oder nicht, also ob du ihrer Organisation in besonderer Weise angehörst oder nicht. Man gehört dadurch zu einer (Gemeinde-) Versammlung, daß man dabei ist.
Bei vielen christlichen Gemeinden oder Gemeinschaften, hat man die Möglichkeit, Mitglied zu werden. Wenn man die Mitgliedschaft beantragt, muß man normalerweise Erklärungen darüber abgeben, was man glaubt und manchmal auch daß man die Gemeinschaft unterstützen wird; und dann wird entschieden, ob man als Mitglied aufgenommen wird. Für einen solchen Prozeß oder solche Gemeindemitgliedschaften gibt keinerlei biblisches Vorbild. Worin liegt der Sinn darin festzustellen und zu dokumentieren, ob jemand Mitglied einer Gemeinde X ist oder nicht?
Paulus appellierte:
10 Ich ermahne euch aber, ihr Brüder, kraft des Namens unseres Herrn Jesus Christus, daß ihr alle einmütig seid in eurem Reden und keine Spaltungen unter euch zulaßt, sondern vollkommen zusammengefügt seid in derselben Gesinnung und in derselben Überzeugung. 11 Mir ist nämlich, meine Brüder, durch die Leute der Chloe bekannt geworden, daß Streitigkeiten unter euch sind. 12 Ich rede aber davon, daß jeder von euch sagt: Ich gehöre zu Paulus! – Ich aber zu Apollos! – Ich aber zu Kephas! – Ich aber zu Christus! 13 Ist Christus denn zerteilt? … (1Kor 1,10‑13)
Warum sollten wir sagen: „Ich bin katholisch!“ – „Ich aber evangelisch!“ – „Ich aber bin Baptist!“ – „Ich aber Adventist!“ – „Ich aber Pfingstler!“ – „Ich aber bin Mitglied der Gemeinde X!“ – …? Ist Christus denn zerteilt?
Jesus bat unseren himmlischen Vater:
20 Ich bitte aber nicht für diese allein, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben werden, 21 auf daß sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir; auf daß auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, daß du mich gesandt hast. 22 Und ich habe die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, ihnen gegeben, auf daß sie eins seien, gleichwie wir eins sind, 23 ich in ihnen und du in mir, damit sie zu vollendeter Einheit gelangen, und damit die Welt erkenne, daß du mich gesandt hast und sie liebst, gleichwie du mich liebst. (Joh 17,20‑23)
Es liegt Jesus offensichtlich sehr viel daran, daß wir alle eins sind, und zwar nicht nur alle innerhalb einer Denomination oder alle einer bestimmten Gemeinde oder alle einer Glaubensgemeinschaft, sondern wirklich alle Gläubigen sollen eins sein!
Wie kann es uns dabei helfen, „zu vollendeter Einheit“ zu gelangen, wie Jesus es möchte (Joh 17,23), wenn wir uns in Denominationen oder andere Gemeindeorganisationen aufspalten? Es ist klar, daß es praktisch unmöglich ist, daß beispielsweise alle Christen von Berlin, also die Berliner Gemeinde Jesu sich in einer Versammlung trifft. Das ist auch gar nicht nötig. Auch zu neutestamentlichen Zeiten haben sich die Christen in kleinen Gruppen in ihren Häusern getroffen (Apg 2,46).
Alle Christen sollen untereinander Gemeinschaft haben und sich gegenseitig dienen und insbesondere sollen die Ältesten den anderen Gläubigen dienen, und zwar allen Gläubigen. Wenn man Ältester ist, dann ist man Ältester innerhalb der Gemeinde Jesu, also innerhalb des Leibes Jesu, also innerhalb der gesamten Christenheit. Älteste sollten bereit sein, nicht nur „ihrer“ Gemeinde oder „ihrer“ Denomination zu dienen. Es ist naheliegend, daß man denen mehr dient, mit denen man mehr Kontakt oder zu denen man eine engere Beziehung hat. Das geschieht dadurch, daß man sich häufiger trifft, beispielsweise in (Gottesdienst-) Versammlungen. Somit ist es auch normal, daß es Älteste gibt, die primär einer gewissen Gruppe dienen und vielleicht auch nur von diesen als Älteste wahrgenommen werden. Dennoch sind sie Älteste im Leib Jesu und sollten somit bereit sein, wie alle anderen Christen auch, allen zu dienen.
Warum sollte man die Gläubigen in Mitgliederlisten erfassen und in Denominationen oder sonstwie aufteilen? Mitgliedschaften können auch sehr hinderlich sein, wenn sie Christen binden. Laßt uns aus einem Evangelium lesen:
35 Am folgenden Tag stand Johannes wiederum da und zwei seiner Jünger. 36 Und indem er auf Jesus blickte, der vorüberging, sprach er: Siehe, das Lamm Gottes! 37 Und die beiden Jünger hörten ihn reden und folgten Jesus nach. (Joh 1,35‑37)
Diese beiden Jünger wurden von einem Moment zum anderen von Jüngern des Johannes zu Jüngern Jesu. Wir sollten unsere Glaubensgeschwister nicht durch Mitgliedschaften, Zusagen an Gemeinden oder ähnliches binden. Jeder sollte sich völlig frei fühlen, Jesus zu folgen, und zwar ohne daß man jemandem gegenüber einen Austritt oder ähnliches erklären müßte. Jeder ist ausschließlich Gott gegenüber verantwortlich und keinem Ältesten. Somit ist auch die Frage beantwortet, inwiefern man Ältesten gegenüber loyal oder treu sein sollte: Genausowenig wie die beiden Jünger Johannes treu waren, sollten wir uns Ältesten gegenüber verpflichtet fühlen.
Heißt das, daß du jederzeit einfach alles hinschmeißen und abhauen darfst? Ja, wenn Gott dich dementsprechend führt. Aber bedenke, daß wir uns alle gegenseitig dienen sollten. Wir sollten Dinge nicht einfach aus Egoismus hinschmeißen. Denn Jesus sagte:
Alles nun, was ihr wollt, daß die Leute euch tun sollen, das tut auch ihr ihnen ebenso; denn dies ist das Gesetz und die Propheten. (Mt 7,12)
9.3 Gemeindesatzung
Ich weiß von einigen Gemeinschaften, daß sie eine Gemeindesatzung oder eine Gemeindeordnung haben, in der zum Beispiel festgehalten wird, was man glaubt, welche Ziele man verfolgt, wer Ältester ist und wie man Ältester oder Gemeindemitglied werden kann.
Es ist sicher sinnvoll, sich darüber Gedanken zu machen, was man glaubt und welche Ziele man verfolgt. Wenn man das dokumentiert hat, kann das auch bei der Lehre hilfreich sein, zum Beispiel dann, wenn man mit Interessierten oder neuen Glaubensgeschwistern zu tun hat.
Es kann auch nützlich sein aufzuschreiben, welche Aufgaben die Ältesten haben. Das habe ich ja auch in diesem Aufsatz getan. Solche Dokumente sind aber keine Satzungen, sondern Dinge, die nur der Lehre dienen.
Warum sollte man aber versuchen, geistliche Dinge verbindlich in einer Satzung zu regeln? Ist die Bibel nicht ausreichend? In der Bibel ist von keiner Gemeinde erwähnt, daß sie eine Satzung oder eine besondere Gemeindeordnung hätte. Wir leben heute im Neuen Bund und Gott legt uns seine Anweisungen in unser Innerstes und schreibt sie auf unser Herz (Hebr 8,10; Hebr 10,16; Jer 31,33). Paulus schrieb:
Er hat uns fähig gemacht, Diener des neuen Bundes zu sein, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig. (2Kor 3,6 EÜ)
Gott hat uns von der Verpflichtung befreit, das mosaische Gesetz zu halten. Warum sollten wir uns nun selbst eine Satzung auferlegen? So etwas würde den Prinzipien des Neuen Bundes widersprechen. Hierauf gehe ich näher ein in meinen Aufsatz „Welche Gebote sollten Christen halten?“
9.4 Vereine
Etliche christliche Gemeinschaften haben einen Verein („e.V.“) oder eine andere juristische Person gegründet, damit diese Rechtsgeschäfte abwickelt und zum Beispiel Räumlichkeiten anmietet. Eine Vereinssatzung ist ein juristisches Dokument und ist als solches etwas ganz anderes als eine geistliche Gemeindesatzung, wie wir sie im vorigen Abschnitt betrachtet haben.
Für solche juristischen Personen gibt es zwar auch kein biblisches Beispiel, sie können aber durchaus sinnvoll dem Leib Jesu dienen.
9.5 Finanzen
In einigen Gemeinschaften wird gelehrt, daß man die Gemeinde mit seinem Zehnten unterstützen solle. Der Zehnte ist aber Teil des mosaischen Gesetzes und wir Christen müssen somit keinen Zehnten zahlen, sollten Gott aber mit unserem Besitz und den Erstlingen unseres Einkommens ehren sowie Arme und Gottes Diener unterstützen. Dies alles erläutere ich ausführlich in dem Abschnitt über die finanziellen Verpflichtungen der Gläubigen in meinem Aufsatz „Welche Gebote sollten Christen halten?“
9.6 Gemeindestruktur
Der heutige Leib Jesu, also seine Gemeinde, ist zum großen Teil so strukturiert, wie in der folgenden Graphik verdeutlicht. Die Ältesten sind blau und die anderen Gläubigen schwarz dargestellt:
Es ist ganz normal, daß es Älteste unterschiedlicher Reife gibt, daß also manche Älteste „älter“ sind als andere und daß ein Ältester einem anderen Ältesten ein Vorbild ist. So war beispielsweise Paulus dem Timotheus ein Vorbild und für ihn ein Ältester, wobei Timotheus wiederum für andere ein Ältester war. Deswegen sind die Ältesten in der Graphik auch in unterschiedlichen Blautönen dargestellt.
Viele Kirchen haben eine hierarchischen Struktur. Die Ältesten stehen anderen vor und sind diesen gegenüber teilweise sogar weisungsbefugt. Sie haben manchmal überdies die Möglichkeit, gegen die ihnen unterstellten Ältesten disziplinarisch vorzugehen. Das ist eine Form der Kontrolle und des Herrschens, die Jesus ausdrücklich nicht will, wie wir oben ausgeführt haben.
Älteste stehen anderen zwar vor, aber sie sollen nicht über ihnen stehen. Sie wurden in die Gemeinde und nicht über sie gestellt. Und das soll mit der folgenden Graphik zum Ausdruck gebracht werden:
Jesus will, wie oben erläutert, daß niemand über jemand anderen herrscht. Daraus folgt, daß jede Gemeinde völlig unabhängig sein muß, auch wenn sie noch so klein ist; das schließt auch Hauskreise und ähnliches mit ein. Es darf kein übergeordnetes Gremium geben, das die Befugnis hat, in die Belange einer anderen Gemeinde einzugreifen oder sie einzuschränken. Wenn beispielsweise eine Gemeinde woanders anfragen muß, wen man als Pastor anstellen oder ob ein gewisser Gastsprecher eingeladen werden darf, dann ist eine solche Kontrolle bereits eine Form des Herrschens.
Unabhängig und eigenständig zu sein, bedeutet nicht, auf sich allein gestellt zu sein. Gott freut sich darüber, wenn wir Gemeinschaft untereinander haben und einander dienen und auch, wenn eine Gemeinde einer anderen dient. Paulus reiste nach Jerusalem, um Petrus kennenzulernen (Gal 1,18); unter dem Kennenlernen (griechisch „historéō“) ist gemäß dem Wörterbuch zu verstehen, daß er durch Nachfragen lernte und mit seinem Besuch Wissen erlangte. Die Gemeinden in Galatien und in Korinth unterstützten auch die Gemeinde in Jerusalem (1Kor 16,1‑3; siehe auch 2Kor 8,1‑15; Apg 11,29‑30; Röm 15,26). Hier liegt die Betonung wieder auf dem Unterstützen und dem Dienen, und zwar ohne Kontrolle.
9.6.1 Bekleiden Älteste ein Amt?
Zu Beginn der Apostelgeschichte geht es darum, daß anstelle von Judas, dem Jünger Jesu, der ihn verriet, jemand anderes berufen wurde. Dort steht über Judas:
…er war zu uns gezählt und hatte das Los dieses Dienstes empfangen… (Apg 1,17)
Und ein paar Verse danach steht:
…es steht geschrieben im Buch der Psalmen: … »Sein Amt empfange ein anderer«. (Apg 1,20)
Für „Amt“ steht hier im Griechischen das Wort „episkopḗ“. Es ist verwandt mit dem Wort für Aufseher und kann besser mit „Aufseherdienst“ übersetzt werden. Denn es bezeichnet das, was ein Aufseher macht. So wurde es auch im Brief an Timotheus übersetzt, wo es darum geht, wie Älteste sein sollten (1Tim 3,1).
In der Apostelgeschichte wurde aus Psalm 109 zitiert, wo das hebräische Wort „pequddah“ zu finden ist (Ps 109,8); auch dieses Wort bezeichnet das Aufsehen. Und das ist auch stimmig damit, daß Judas einen „Dienst“ empfangen hat, wie wir kurz zuvor gelesen haben (Apg 1,17).
Einige Verse später wird dann nochmals vom „Dienst“ und dann erstmalig auch vom „Apostelamt“ geschrieben (Apg 1,25), griechisch „apostolé“. Dieses griechische Wort ist wiederum verwandt mit „Apostel“ (griechisch „apostéllō“) und bezeichnet das, was einen Apostel ausmacht. Dasselbe Wort verwendete auch Paulus in seinen Briefen und es wurde dort je nach Übersetzung mit „Apostelamt“ oder „Aposteldienst“ übersetzt (Röm 1,5; 1Kor 9,2; Gal 2,8).
Gemäß Duden steht der Begriff „Amt“ für einen Posten oder eine offizielle Stellung (in Staat, Gemeinde, Kirche u.ä.), die mit bestimmten Pflichten verbunden ist. Wenn man also ein Amt bekleidet, also ein Amtsträger ist, dann ist man in eine offizielle Organisation und Hierarchie eingegliedert und man führt Amtshandlungen aus, deren Ausübung anderen versagt ist. Wie wir oben gesehen haben, sind diese Dinge nicht zutreffend auf Älteste nach biblischem Vorbild. Deswegen wäre die Verwendung des Begriffs „Amt“ mißverständlich und wir sollten besser vom Dienst eines Ältesten sprechen.
10 Schlußworte
Zunächst ein Schlußwort an die Ältesten und dann eins an alle Gläubigen.
10.1 Schlußwort an Älteste
Diene allen Glaubensgeschwistern vorbildlich und hüte sie, indem du ihnen ein gutes Vorbild bist. Laß dich nicht mit einem Titel wie Pastor, Priester oder Apostel anreden, herrsche nicht und übe keine Kontrolle aus. Du bist für niemand anderen verantwortlich, sondern nur Gott gegenüber dafür, wie du den anderen dienst.
Ich möchte deinen Dienst mit dem Dienst eines Zimmermädchens im Hotel vergleichen: Sofern nicht ein Schild „Bitte nicht stören!“ an der Tür hängt, wird von einem Zimmermädchen erwartet, daß sie an die Tür klopft und fragt, ob sie saubermachen darf. Wenn dann aber kein Dienst von ihr erwünscht ist, mag sie je nach Situation noch darauf hinweisen, welche Möglichkeiten bestehen, das Zimmer später gereinigt zu bekommen; aber dann zieht sie sich zurück. Sie ist nicht verantwortlich für die Reinigung des Zimmers, wenn diese nicht gewünscht wird. Sie nimmt es auch niemandem übel, wenn er das Hotel verläßt.
Wenn nun jemand anders denkt als du und deinen Rat nicht annehmen möchte, dann magst du für ihn beten, so wie Gott es dir aufs Herz legt. Du bist aber nicht verantwortlich für sein Tun und auch nicht dafür, was er glaubt, sondern nur dafür, daß du ihm vorbildlich dienst, sofern er es möchte. Paulus schrieb:
…wenn ihr über etwas anders denkt, so wird euch Gott auch das offenbaren. (Phil 3,15)
Du kannst also Gott vertrauen, daß er alle Glaubensgeschwister leitet und lehrt.
10.2 Schlußwort an alle Gläubigen
Habe Gemeinschaft mit anderen Christen. Achte darauf, was die Ältesten sagen, prüfe es und orientiere dich daran. Beachte aber auch, daß es falsche Älteste gibt. Du bist keinem Ältesten gegenüber zur Rechenschaft verpflichtet, sondern nur Gott allein. Du bist auch keinem Ältesten und auch keiner Gemeinde zu falscher Treue verpflichtet. Laß dich von Gott leiten bei allem was du tust. Egal ob Mann oder Frau, folge deiner Berufung und laß dich nicht von (männlichen) Ältesten klein halten.
Du bist Priester und wir sind alle Brüder. Rede niemanden an mit Pastor, Priester, Apostel, Bischof usw. Es gibt keine Tätigkeit, die den Ältesten vorbehalten wäre. Du darfst also auch taufen, das Abendmahl austeilen und alles andere, was Älteste auch dürfen.
Schließen möchte ich mit folgendem Bibeltext:
3 Tut nichts aus Selbstsucht oder nichtigem Ehrgeiz, sondern in Demut achte einer den anderen höher als sich selbst. 4 Jeder schaue nicht auf das Seine, sondern jeder auf das des anderen. (Phil 2,3‑4)